Opposition

Neos und SPÖ: "Das ist keine ehrliche Einbindung des Parlaments", FPÖ spricht von "Verhöhnung"

APA/HANS PUNZ
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In einer gemeinsamen Pressekonferenz stellen Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) fünf Forderungen an die Regierung, ehe sie der Verordnung zustimmen. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl kündigte an, die Maßnahmen im Parlament abzulehnen.

Für die ein oder andere Maßnahme, die die Regierung heute ankündigen wird, wird es eine parlamentarische Zustimmung brauchen. Die türkis-grüne Regierung versucht, für eine breite Mehrheit die Opposition an Bord zu holen. Deshalb werden Bundeskanzler, Vizekanzler und Gesundheitsminister die Obleute der Parlamentsparteien heute um 15 Uhr zur Videokonferenz einladen. Doch eine Einigung mit der Opposition scheint schwierig: Als „Proformavideokonferenz“ bezeichnet das SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Gemeinsam mit Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger stellt sie fünf Forderungen auf. Ansonsten wird es von SPÖ und Neos keine Zustimmung geben, kündigten die beiden Parteichefinnen an. Unbedingt braucht es diese aber ohnehin nicht. Und auch FPÖ-Klubchef Herbert Kickl meldete sich unmittelbar vor der Konferenz zu Wort: Der Umgang der Regierung sei „eine Verhöhnung des Parlaments“. Direkt nach dem Treffen werde Kurz vor die Medien treten. „Da kann man keinen Punkt und keinen Beistrich ändern.“ 

Aber zurück zu SPÖ und Neos und ihrem gemeinsamen Auftritt: „Ich erwarte mir nicht sehr viel von der Videokonferenz“, sagt Rendi-Wagner. Die Einbindung erfolge zu spät, ein einstündiges Meeting sei zu kurz, hier könnten neue Vorschläge, Ideen und Bedenken nicht mehr aufgenommen werden. Immerhin sei bereits um 16.30 Uhr eine Pressekonferenz zur Verkündung der Maßnahmen angesetzt. „Das ist keine ehrlich gemeinte Einbindung des Parlaments."

Ähnlich sieht das auch die Neos-Chefin. Dass zuerst die Medien informiert würden und dann erst der Bundespräsident, die Länder und die Parlamentsfraktionen sei „völlig inakzeptabel“. Die Regierung würde seit Wochen nur „von Pressekonferenz zu Pressekonferenz stolpern". Es habe „dramatische Versäumnisse“ in den vergangenen Wochen gegeben.

„Kollateralschäden sind nicht wegzuleugnen“ 

Grundsätzlich sehe sowohl die SPÖ als auch die Neos angesichts der steigenden Infektionszahlen Handlungsbedarf. Mit den angekündigten Einschränkungen sind sie aber teilweise zufrieden. Denn man müsse, wie Rendi-Wagner es formulierte, auch die „dramtischen sozialen und wirtschaftlichen Folgen“ berücksichtigen. Es brauche, so Meinl-Reisinger, eine Balance zwischen dem Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung und eines Schutzes der Wirtschaft und der Arbeitsplätze. „Weil Kollateralschäden nicht wegzuleugnen sind."

Die beiden Parteichefinnen stellen deshalb fünf Forderungen auf:

  • Es brauche eine schnelle, unbürokratische Entschädigung für Betriebe.
  • Die Schulen und Kindergärten müssten offen halten.
  • Alten- und Pflegeheime müssten besonders geschützt werden.
  • Das Contact Tracing, also die Nachverfolgung von Kontakten, dürfe nicht aufgegeben werden.
  • Und es brauche Transparenz.

Gerade der letzte Punkt nahm bei der Pressekonferenz großen Raum ein. Die Regierung stelle immer noch nicht genügend Fakten zur Verfügung. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) habe sogar einen Maulkorb bekommen. „Das ist inakzeptabel für Parlamentarismus, Demokratie und Transparenz“, so Beate Meinl-Reisinger. Noch immer wisse man nicht, wo genau Cluster entstehen, und in welchen Bereichen hohes Ansteckungsrisiko herrscht.

Insofern seien einige der angekündigten Maßnahmen nicht nachvollziehbar. Die nächtliche Ausgangssperre etwa sei „eine Maßnahme, die dem Kriegsrecht entspricht“ und damit „ein nicht verhältnismäßiger Einschnitt“, so Meinl-Reisinger. Auch die Schließung der Kultureinrichtungen ist für sie nicht nachzuvollziehen. „Da würde ich gerne die Evidenz sehen.“

Gegen die Schließung von Bildungseinrichtungen haben sich sowohl die SPÖ- als auch die Neos-Chefin ausgesprochen. Derzeit dürfte nämlich doch eine Schließung der Oberstufen diskutiert werden. „Wir vernichten hier Chancen, die gigantisch sind“, sagt Meinl-Reisinger.

Herbert Kickl spricht von einem „Täuschungsmanöver“

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl teilte, wenig überraschend, noch eine Spur härter aus. Zunächst kritisierte er, dass der Kanzler am Freitag die Sozialpartner und Medienvertreter persönlich zu einem Termin geladen hätte. Auch den Bundespräsidenten, Alexander Van der Bellen, werde Kurz persönlich informieren. Aber die Parlamentsparteien lade er nur zur Videokonferenz. „Das ist alles ein einziges Täuschungsmanöver, von Einbindung kann keine Rede sein.“ 

Auch inhaltlich lehnt Kickl die Maßnahmen ab. Er sprach von „reiner Willkür“. Warum man Kirchen und Moscheen besuchen könne, aber nicht mehr zum Wirten gehen, sei völlig unverständlich. Außerdem hätte er noch einige andere Fragen an Bundeskanzler und Gesundheitsminister: „Warum haben Sie die Bevölkerung belogen?“ Bis vor Kurzem habe Sebastian Kurz noch davon gesprochen, dass es keine Ausgangsbeschränkungen gibt. Und Rudolf Anschober habe die Frage nach einem geplanten Lockdown verneint.

Die FPÖ werde im Hauptausschuss daher die Maßnahmen ablehnen.

(j.n./ib)

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