Peter Rosenstingl: "Ich habe das selbst verbockt"

Peter Rosenstingl habe selbst
Peter Rosenstingl habe selbst(c) APA (JAEGER ROBERT)
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Peter Rosenstingl war die Schlüsselfigur des ersten großen FPÖ-Skandals und saß dafür fünf Jahre lang in Haft. Mit der "Presse" führte er ein Gespräch über das dritte Lager, Korruption und Verbrechen.

Donnerstag, ein Café in der Wiener Innenstadt: Der Mann, der den ersten großen Skandal in den Reihen der FPÖ verursacht hat, setzt sich an einen Tisch und bestellt ein Glas Wasser. Peter Rosenstingl, 58, ist in Privatkonkurs. Der ehemalige FP-Nationalrat kann den Schaden, den er Partei und Banken in den 1990er-Jahren unter anderem durch falsche Veranlagungen und betrügerisch verpfändete Kredite zugefügt hat – Verluste von 51,5 Millionen Schilling hat er zu verantworten –, nicht zurückzahlen. Seine siebenjährige Haftstrafe, zu der er 2000 verurteilt wurde, hat Rosenstingl inzwischen verbüßt, er arbeitet als Unternehmensberater in einer Beratungsagentur seiner Frau.

Herr Rosenstingl, bei Ihrer Verhaftung haben Sie angekündigt, ein Buch über die Hintergründe Ihrer Tat und die FPÖ zu schreiben. Wird daraus noch etwas?

Peter Rosenstingl: Eher nicht. Dabei wäre es aber ohnehin eher um heitere, absurde Geschichten gegangen – Absurdes, das ich in der Politik erlebt habe und in Brasilien. Dramatische Enthüllungen hätte ich aber nicht gehabt.

Verfolgen Sie heute die Politik?

Nur von außen, über die Medien – mit Politikern habe ich aber keinen Kontakt mehr, außer wenn ich jemandem zufällig begegne. Ich wundere mich immer wieder, warum wir etwa keinen härteren Standpunkt gegenüber der EU einnehmen, da ist mir die Politik zu lasch.

Was sagen Sie zu den Skandalen, die heute im Umfeld der FPÖ vermutet werden, Stichwort „Geld von Saddam“?

Ob da etwas dahintersteckt, kann ich nicht sagen. Dass Haider Kontakt zu Leuten wie Gadhafi hatte, ist ja unbestritten. Aber Walter Meischberger (der Grasser-Vertraute, der in seinem „Tagebuch“ von Millionen berichtet, die Jörg Haider von Saddam Hussein erhalten haben soll, Anm.) hat aber immer Verschwörungstheorien gehabt. Man hat immer vorsichtig sein müssen, wenn er gesagt hat: „Ich weiß was.“ Dieses Buch, das er geschrieben hat, mag zu einem kleinen Prozentsatz auf Tatsachen beruhen, aber ich bin da sehr skeptisch. Möglich, dass er sich eingebildet hat, etwas gehört zu haben – und dann hat er eine typische Meischberger-Geschichte daraus gemacht.

Rosenstingl, Buwog, Liechtenstein-Konten: Ist die FPÖ besonders skandalaffin?

Das wäre mir nicht bekannt. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich auch täuschen kann – und dass es vieles gibt in der Politik, das man sich so gar nicht vorstellen kann.

Wie haben Sie Karl-Heinz Grasser erlebt?

Ich habe ihn immer sehr geschätzt, auch als Finanzminister. Aber ich verstehe nicht, wie Meischberger beim Buwog-Verkauf an die Informationen gekommen ist, die er gebraucht hat, um genau den richtigen Preis zu erraten, den seine Klienten bieten müssen. Da hätte er schon wahnsinnig viel Glück gehabt – unrealistisch viel Glück.

Wenn Sie auf Ihren und andere Fälle zurückschauen: Gibt es in der österreichischen Politik genügend Kontrollmechanismen?

In vielen Bereichen nicht, man hat da oft auf Vertrauen gebaut. Es klingt zwar blöd, wenn gerade ich das sage, aber es gibt und gab zu wenig Kontrollmechanismen, zum Beispiel bei der Verwendung von Förderungen. Es gibt da nebulose Begriffe wie die „Förderung der Parteiakademien“. Dass damit Parteiwerbung finanziert werden kann, ist sicher nicht im Sinn des Erfinders. Da gehört generell viel mehr strenger geregelt und überprüft.

Hat Österreich ein Problem mit Korruption?

Österreich ist da nicht speziell. Aber generell geschieht bei der Verwaltungsreform viel zu wenig – und alles viel zu langsam. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass überall, wo es um staatliche Stellen geht, ein unheimlicher Aufwand geschieht, dass Sachen gemacht werden, die nicht notwendig wären. Das ist natürlich nicht Korruption, aber: Wenn man zu viel Aufwand treibt, kostet das den Staat auch etwas.

Wie haben Sie die Spaltung des dritten Lagers in FPÖ und BZÖ erlebt?

Es hat sich schon zu meiner Zeit abgezeichnet, dass es einen Richtungskonflikt geben wird. Jörg Haider war wesentlich weniger national als Heinz-Christian Strache heute. Der ist zu extrem, es kommen heute keine Vorschläge mehr von der FPÖ, die Hand und Fuß haben. Was Strache und seine Freunde machen, finde ich teilweise einfach menschenverachtend, teilweise dumm.

Sie würden sich heute beim BZÖ sehen?

Ich wäre wahrscheinlich beim BZÖ – obwohl von dort auch nicht viel kommt. Die Partei wird untergehen, weil sie keinen attraktiven, kompetenten Spitzenkandidaten hat. Ich glaube, dass die Personaldecke dort ziemlich dünn ist.

Wie war Ihr Verhältnis zur Parteispitze nach Ihrem Prozess?

Anfangs war ich enttäuscht, weil ich überall als der Böse hingestellt wurde. Mir haben später einige erklärt, dass sie wissen, dass ich in einer Situation war, die ich so nicht wollte. Für mich ist das Geschichte und überstanden, vor fünf Jahren war ich noch emotionaler. Ich selbst habe diese Geschichte verbockt.

Peter Rosenstingl saß ab 1990 für die FPÖ im Nationalrat. 1998 flog auf, dass er (unter anderem) Parteigelder veruntreut hatte. Rosenstingl setzte sich nach Brasilien ab, wurde aber festgenommen und 2000 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Als erstem Abgeordneten überhaupt hat ihm der Verfassungsgerichtshof sein Mandat aberkannt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2010)

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