Leitartikel

Eine schwere Belastungsprobe für die amerikanische Demokratie

APA/AFP/FREDERIC J. BROWN
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Man kann nur hoffen, dass der Sieger der US-Präsidentenwahl rasch feststeht – und Joe Biden heißt. Donald Trump ist für dieses Amt ungeeignet.

Donald Trump kämpft wie ein Löwe um seine Präsidentschaft. In einem fulminanten Wahlkampf-Finish ist es ihm gelungen, seinen Umfrage-Rückstand zu verringern. Sein Herausforderer, Joe Biden, geht trotzdem als Favorit ins Rennen. Zu einer Belastungsprobe für die amerikanische Demokratie könnte es kommen, wenn der Sieger am 4. November in der Früh noch nicht feststeht. Und das ist aufgrund des hohen Anteils der Briefwahlstimmen ein plausibles Szenario.

Seit Monaten hat Trump für diesen Moment vorgebaut und Zweifel an der Zuverlässigkeit des Briefwahlsystems gesät. Einen Sieg, so tönte der US-Präsident bis zuletzt, könnten seine Gegner nur durch Fälschungen erzielen. Längst hat er Juristen in Stellung gebracht, um Ergebnisse anzufechten. Diese Wahlnacht könnte sich schlimmstenfalls noch über Monate hinziehen – und zwei Gewinner hervorbringen, die Anspruch auf das Präsidentenamt erheben.

Mittlerweile geht sogar die Angst vor Unruhen um. Dass solche Sorgen überhaupt aufkommen, zeigt, wie tief gespalten die USA sind. Trump hat in seiner Amtszeit die seit Jahrzehnten zunehmende Polarisierung verschärft. Dabei hat er Grundwerte und Institutionen der USA ruchlos untergraben. Kein US-Präsident vor ihm hat dermaßen schamlos und gewohnheitsmäßig gelogen, keiner ungeniert wie er Familienmitglieder mit Beraterjobs versorgt, keiner hat Minderheiten so angeschwärzt und gleichzeitig Rechtsradikale verharmlost, kein US-Staatsoberhaupt vor ihm hat das Militär und die Geheimdienste auf vergleichbare Weise öffentlich desavouiert. Trump missbrauchte sein Amt, als er Militärhilfe für die Ukraine davon abhängig machen wollte, dass ihm belastendes Material über Hunter Biden, den Sohn seines Konkurrenten, zugespielt wird. Danach versuchte er, die Justiz zu behindern. Einer Amtsenthebung entging Trump nur, weil die Republikaner im Senat die Reihen schlossen.

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