»Es hat sich alles zum Besten gewendet«

Wie Karo (18) nach der Scheidung ihrer Eltern ein Neubeginn mit dem Vater gelang

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie von der Trennung Ihrer Eltern erfahren haben?

Karo: Als meine Mutter weinend mit zwei Koffern im Vorzimmer stand, hatte ich zuerst einmal nur Angst. „Oh nein, die Mama geht weg“, war mein erster Gedanke. Sie wollte für eine Woche zu ihrer Mutter. „Mit deinem Vater haut es nicht mehr hin“, war ihre Erklärung. Ich wusste sofort, dass sie keine Nachdenkzeit, sondern Abstand für immer wollte. Mein Vater hat sie nicht aufgehalten.


Was hat sich in Ihrem Leben durch die Trennung noch verändert?

Meine Mutter hatte das Gasthaus meiner Eltern zusammengehalten. Es war wie ein zweites Zuhause für mich. Als sie ging, war mir klar, dass sich das Gasthaus auflösen würde. Zwei Jahre später ist es dann geschehen. Das macht mich bis heute total traurig.


Wie kamen Sie damit klar, ein Scheidungskind zu sein?

Ich war total froh über die Trennung. Ich wollte einfach nur weg– von meinem Vater, der mir schließlich nicht einmal zum Geburtstag gratuliert hat, und von meiner Oma, mit der die Beziehung schlechter und schlechter wurde.


Wie hat sich der Kontakt zu Ihrem Vater entwickelt?

Nach einem großen Streit habe ich ihm einen Brief geschrieben. Darin stand, dass er für mich nie wie ein Vater war und ich einige Zeit nichts von ihm hören wolle. Daraufhin hat er sich ein Jahr nicht bei mir gemeldet. Weil ich nicht so stur sein wollte wie er, habe ich ihm zu seinem Geburtstag gratuliert. „Ich bin dein Kind und das kannst du nicht ändern“, habe ich ihm gesagt.


Wie hat er darauf reagiert?

Er hat sich plötzlich geändert und sich wieder regelmäßig gemeldet. Jetzt haben wir ein tolles Verhältnis. Wir gehen gemeinsam essen, kochen oder schauen Filme.


Hat sich Ihr Verhältnis zu Ihrer Mutter auch verändert?

Unser Auszug hat sie total befreit. Sie war wie ausgewechselt nach ihrer einengenden Ehe. Nach der Scheidung kam sie auf mich zu und wollte mir alles erklären. Heute ist sie wie meine beste Freundin. Sie ist zwar manchmal skeptisch, wenn es um meine Treffen mit meinem Vater geht – aber sie würde mich nie davon abhalten. Durch die Scheidung hat sich für mich alles zum Besten gewendet.

Gibt es gar keine Nachteile ?

Ich vermisse das gemeinsame Weihnachtsfest sehr. Jetzt feiere ich zuerst bei meiner Mutter und fahre danach zu meinem Vater. Es ist belastend zu wissen, dass der jeweils andere Elternteil gerade allein zu Hause sitzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2010)

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