Geiselnahme, Sprengstoff, Attentate in Graz und Salzburg: Die Gerüchte zum Terror gingen weit über die Fakten hinaus. Von den Tücken des Hörensagens wusste schon die Antike, aber das Internet schuf eine neue Dynamik.
„Hast du das schon gehört?“ Am Montagabend in einem Esslokal am Rande der Wiener Innenstadt. Rund hundert Menschen sitzen dort länger als geplant, bis die Polizei sie nach Hause gehen lässt. Hinter versperrten Türen in Sicherheit, vertreiben sie sich die Zeit damit, auf Twitter und Facebook mehr zu erfahren von den schrecklichen Dingen, die sich da draußen abspielen. Man tauscht sich staunend und raunend aus, auch zwischen den Tischen. Um 22.00 Uhr herum lautet der kollektive „Wissensstand“ in etwa wie folgt: acht Tote, unzählige Verletzte. Einer der Attentäter hat sich in die Luft gesprengt. Andere halten Geiseln, im Akakiko in der Mariahilfer Straße. Ein weiterer Anschlag beim Hilton am Stadtpark. Noch einer in Salzburg. Und auch in Graz ist die Polizei in Bereitschaft wegen eines drohenden Attentats . . .
Heute wissen wir: So schlimm die Fakten waren – all das ist nicht geschehen, aber die Anwesenden haben es geglaubt. Es war wie ein Laborexperiment, das uns mahnend darüber belehrt, wie sich im Zeitalter der sozialen Netzwerke Gerüchte verbreiten.