Management

Von den alten Griechen lernen

Die alten Griechen ginen auf ihre eigene Art mit toxischen Beziehungen um.
Die alten Griechen ginen auf ihre eigene Art mit toxischen Beziehungen um.imago images/ANE Edition
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Kolumne "Hirt on Management": Folge 137. Warum Sie immer wieder mal einen Mitarbeiter feuern sollten.

Die Demokratie war eine der wichtigsten sozialen Innovationen und Errungenschaften der Athener und entstand gegen Ende des sechsten Jahrhunderts v. Chr. 

Die Athener erkannten früh, dass die Demokratie ein fragiles System ist und nur durch verschiedenste „Checks & Balances“ erhalten werden kann.

Eine dieser „Balances“ war der Ostrakismos, das Scherbengericht, benannt nach den Tonscherben, die bei der damit zusammenhängenden Abstimmung verwendet wurden.

Die Athener erkannten die enorme Sprengkraft, die vom asozialen Verhalten führender Bürger ausging. 

Es ging hier also nicht um die „gemeine Variante“ des asozialen Verhaltens, also um das Verhalten der Menschen, denen man versucht, durch das Strafrecht Herr zu werden. 

Agieren ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl

Es ging den Athenern um die, sozusagen hochgezüchtete, Variante des asozialen Verhaltens, also um Bürger, die z.B. aufgrund von realer oder eingebildeter Überlegenheit gegenüber anderen, einem Hang zur Intrige und insgesamt mit einen ausgeprägten persönlichen Ehrgeiz, ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl, agierten. 

Die Athener erkannten, dass der soziale Schaden, der durch solche Menschen erzeugt werden kann, enorm ist. 

Einerseits erzeugten die Intrigen und Machinationen dieser Menschen, Streit und Zwietracht und destabilisierten damit die athenische Demokratie.

Andererseits weckten diese Menschen den Neid des athenischen „Normalbürgers“, der sich diesen „außergewöhnlichen“ Bürgern, unterlegen fühlte. Auch das wirkte stark destabilisierend für den sozialen Zusammenhalt.

Die Lösung der Athener für dieses Problem war der Ostrakismos. 

Einmal im Jahr versammelten sich die Athener und stimmten darüber ab, welche Person für zehn Jahre von verbannt werden sollte. 

Diese Person durfte zwar ihren Besitz behalten und war auch sonst nicht vollkommen entrechtet, musste aber Athen für zehn Jahre verlassen.

Der Ostrakismos traf typischerweise erfolgreiche und mächtige Männer Athens. 

Wenn gute Worte sinnlos sind

Die Athener versuchten nicht, diese Person durch Verhandlungen, Kompromisse oder gute Worte zu vernünftigerem Verhalten zu bewegen, sondern wählten die pragmatische Lösung, sich von diesen Menschen zu trennen. 

Hier liegt eine wichtige Erkenntnis für Manager: es ist sehr schwierig, meist aussichtslos, Menschen, die nicht bereit sind, sich dem Geben und Nehmen und den notwendigen Kompromissen, die die Teilnahme an einem größeren sozialen Gebilde mit sich bringen, anzupassen, in dieses System wirklich zu integrieren. 

Es ist auch meist sehr schwierig, bis aussichtslos, Menschen, die ihre persönlichen Ziele kontinuierlich über das Gemeinwohl stellen, vom Sinn einer anderen Vorgangsweise zu überzeugen. 

Wir reden hier z.B. vom Partner einer großen Anwaltskanzlei, der sich nur dafür interessiert, seinen eigenen Fachbereich auszubauen, alle Mandanten, Ressourcen und begabten Mitarbeiter monopolisieren, und mit keinem teilen, möchte. 

Dieser Partner wird immer wieder massive Probleme und Disruption in der Partnerschaft der großen Kanzlei erzeugen und sollte letztendlich seine eigene Kanzlei gründen. 

Es ist eben etwas ganz anderes, der uneingeschränkte Chef seiner eigenen Firma zu sein, als in einer Partnerschaft, Teil einer Gruppe mehrerer gleichberechtigter Chefs zu sein, mit denen man sich abstimmen muss.

Diese Erkenntnis ist, insbesondere für Partnerschaften, zum Beispiel von Anwälten oder anderen beratenden Berufen, absolut kritisch zu verstehen. 

Zahlreiche Partnerschaften sind am Egoismus Einzelner gescheitert

Zahlreiche Partnerschaften diese Art sind bereits am egoistischen Verhalten Einzelner, auf das nicht rechtzeitig und angemessen reagiert wurde, gescheitert. 

Ähnliche Überlegungen muss auch ein CEO anstellen und daraus entsprechende Konsequenzen ziehen, wenn er oder sie erkennt, dass sich in seinem/ihrem Top-Management Team z.B. ein ausgezeichneter Einzelperformer befindet, der aber nicht fähig oder willens ist, mehr als das zu sein, also keinen optimalen Beitrag leistet, damit das gesamte Team gewinnen kann.

Das Wichtigste in Kürze

Warten Sie nicht darauf, bis der sprichwörtliche faule Apfel den ganzen Korb verdirbt, sondern trennen Sie sich konsequent und rechtzeitig von Mitarbeitern, die zwar vielleicht starke Einzelspieler sind, aber nicht bereit sind, den Ball weiter zu passen, damit auch mal andere die Tore schießen können und damit das Team die Meisterschaft gewinnt. 

In der nächsten Kolumne lesen Sie, warum Sie sich selber feuern sollten.

In der nächsten Kolumne lesen Sie, was wir von den alten Griechen, insbesondere der griechischen Demokratie, für die heutige Organisationsentwicklung lernen können.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 19. November 2020 zur Frage: Warum zu lange an der Macht zu bleiben, fatal ist und warum Sie sich selber feuern sollten.

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Michael Hirt ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu außergewöhnlichen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, den USA (Harvard LPSF) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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