ANSCHLAG IN WIEN: TATORT IM BEREICH SEITENSTETTENGASSE
Leserstimmen

Was "Presse"-Leser über die Wiener Terrornacht sagen

Nach dem Terroranschlag in Wien erreichten die „Presse“ zahlreiche Leserbriefe. Wir präsentieren eine Auswahl.

Hochachtung vor Macrons Verhalten

"Eine Nacht in Wien gegen den Terror", Leitartikel von Rainer Nowak, 4. 11.

Ich bin sehr froh, dass Sie so schnell Ihre Bestform wiedergefunden haben. Die positiven Worte für viele Beteiligte und die solidaritätsfördernde Grundstimmung des Artikels sind nach dem schrecklichen Anschlag natürlich noch wichtiger, als das allein schon wegen des Lockdowns gewesen wäre.
Zur Befindlichkeit der Bevölkerung möchte ich noch sagen, dass ich gehofft hätte, dass der Anschlag den Lockdown stark relativiert und zu einer Reaktion führt, dass ein Verzicht auf ein Glas Bier in einem Lokal doch wirklich eine vergleichsweise lächerliche Einschränkung darstellt. Ich habe trotz meiner begründeten Vorbehalte gegen Macron - vielleicht gerade deshalb - eine große Hochachtung für sein Verhalten Österreich gegenüber, samt Besuch der österreichischen Botschaft. Chapeau!
Mag. Walter Keindl, 3430 Tulln

Schleicht's eich!

Fundi. Extremist. Islamist. Jihadist. Ich bin dafür, all diese Bezeichnungen hinter uns zu lassen und Menschen, die versuchen, unsere über Jahrhunderte hart erkämpfte Kultur der Weisheit (autonome Moral, demokratisch hervorgebrachte Gesetze, die über persönlicher Moral, Religionen und Ideologien stehen und damit das Zusammenleben aller regeln) unter Anwendung von Gewalt zu untergraben, auch offiziell treffender zu benennen: Oaschlecha. Diese Benennung haben sie sich hart erarbeitet. Sie drückt das aus, was wir ihnen gegenüber empfinden: Ekel und Verachtung. Und wie soll man mit solchen Individuen umgehen? Schleicht's eich. Mehr auf den Punkt geht, glaub ich, gar nicht.
Johannes Dornhofer, 1230 Wien

Danke für die Hilfe!

Wir waren am Abend des Attentats im Musikverein und anschließend mit Freunden in der Bar des Grand Hotel Wien am Ring. Plötzlich drangen Informationen über das Attentat zu uns. Wie bekannt, wurde unter anderem empfohlen, die Häuser nicht mehr zu verlassen. Mitternachts wurde die Bar geschlossen (Covid-19-Lockdown Nummer 2). Wir und unsere Freunde wollten zurück nach NÖ und waren daher sehr erleichtert, als das Management allen anwesenden Gästen ein Zimmer im Grand Hotel Wien anbot, und dies auf Kosten des Hauses! Das war äußerst beruhigend und entgegenkommend! Danke dafür an das Grand Hotel in Wien! (Wir wissen von einem anderen Tophotel, das in dieser Nacht seine Bargäste nach Mitternacht auf die Straße schickte, diese hatten dann zusätzlich gegenüber der Polizei Erklärungsbedarf.)
DI Stefan Katzenbeisser, 2372 Gießhübl

Tickende Zeitbomben brauchen wir nicht

Das Lob ist angebracht: Die Blaulicht-Organisationen haben großartig gearbeitet. Was jetzt wichtig sein wird, ist, dass die Gesellschaft nicht von Extremisten weiter gespalten wird. Wir müssen uns in Erinnerung rufen, dass eine überwältigende Mehrheit unserer islamischen Mitbürger völlig friedlich gesinnt ist und die Ereignisse von Montag mit Abscheu sieht.
Was für mich und viele andere völlig unverständlich ist, ist die Tatsache, dass Jihad-Kämpfern, egal ob sie aus Syrien zurückkehren oder die Absicht haben, dorthin zu fahren, nicht die Staatsbürgerschaft entzogen wird und eine Abschiebung erfolgt. Sollte es da ein rechtliches Problem geben, müsste dieses unverzüglich repariert werden. Diese tickenden Zeitbomben brauchen wir nicht in unserem Land.
Michael Schüller, 1020 Wien

Wer übernimmt die politische Verantwortung?

Da wird ein Mann, der in den Heiligen Krieg ziehen und dort töten will, von einem Staat festgenommen. Dieser übernimmt also für sich und irgendwie auch für Europa die Verantwortung für diesen Mann. Kurze Zeit später stuft der Staat diesen Mann auf Grund einer Prognosebeurteilung als ungefährlich ein und setzt ihn auf freien Fuss. Kurze Zeit später will dieser Mann in einem Nachbarstaat illegal Munition kaufen (wofür wohl?). Der Staat wird davon informiert. Kurze Zeit später tötet dieser Mann in einer friedlichen Stadt (wohl in seinem Heiligen Krieg) vier unschuldige Menschen, ohne auf einem sichterheitsdienstlichen Radar zu sein. In welchem Staat der Welt würden da keine politischen Konsequenzen erfolgen und ebendiese Verantwortung übernommen?
Rupert Derler, 8983 Bad Mitterndorf

Terroristen, IS-Kämpfer ausschließen

Die Erschütterung der islamischen Glaubensgemeinschaft über den Terroranschlag und die strikte Ablehnung von Gewalt sind glaubhaft, lösen aber nicht das Problem, das die moslemische Welt hat. Der Terror wird als moslemischer Terror wahrgenommen und ist es auch.
Das gleiche Problem hatte die katholische Kirche in Nordirland, als katholische IRA-Terroristen im Namen ihres Glaubens Gewalttaten verübten. Die Kirche verurteilte zwar die Gewalt, konnte sich jedoch nie glaubhaft von den Terroristen distanzieren. Deren Gewalt wurde immer als katholische Gewalt wahrgenommen. Erst als die Kirche - viel zu spät - die IRA-Terroristen als automatisch exkommuniziert erklärte und aus der Glaubensgemeinschaft ausschloss, verloren diese die wichtigste argumentative Grundlage ihrer Aktionen. Das war der Schlüssel zum Frieden in Nordirland.
Den gleichen Weg muss die islamische Glaubensgemeinschaft gehen: IS-Kämpfer und islamistische Terroristen aus ihrer Gemeinschaft ausschließen und glaubhaft verkünden, dass diese Personen keine Moslems mehr sind. Da die Terroristen leider viel verdeckte Sympathie auch unter den europäischen Moslems genießen und sie noch mehr verdeckte Unterstützung von den islamischen Ländern erhalten, ist es bis dahin ein weiter Weg. Doch ohne diesen Schnitt wird die Verurteilung von Terroranschlägen durch die moslemischen Glaubensgemeinschaften immer unglaubwürdig bleiben.
Christoph Kopf, 2384 Breitenfurt

Meine Wut könnt Ihr haben, mein Europa nicht

Ich bin die Phrasen leid. Nach jedem Blutbad wird zu Beschwichtigung aufgerufen, wird mahnend darauf hingewiesen, dass sich doch aus jeder zum Exzess getriebenen Ideologie ein Strick drehen lässt, an dessen Ende ein Unschuldiger hängt. Vorsichtig versucht man sich durch den Porzellanladen der politischen Korrektheit zu bewegen, peinlich bedacht, denen, die bei der ersten Gelegenheit bereit wären, alles niederzureißen, bloß nicht auf die Füße zu treten. Denn IS-Sympathisanten repräsentieren keine Religion, Menschen, die den Staat Österreich nicht anerkennen, keine Personengruppe, und Europa hat kein Problem, nicht wahr?
Die Angst davor, dies auszusprechen könnte zu Ausgrenzung und daraus folgender Radikalisierung führen, erscheint mir mittlerweile wie ein vorgeschobener Vorwand, der verhindern soll, sich mit den Lücken im eigenen Weltbild auseinandersetzen zu müssen.
Sollte es mehr sein als eine bloße rhetorische Schutzfunktion, so sollten sich jene, die dieses Argument verwenden, eines fragen: Welches Wertefundament muss diesen Menschen innewohnen, wenn sie sich durch das sachliche, aber ungeschönte Ansprechen von Tatsachen in die Hände einer Idee treiben lassen, die Vergewaltigung als Kriegsmittel und Enthauptungen als PR-Stunt einsetzt? Aus der einzig möglichen Antwort sollten schnellstmöglich Konsequenzen gezogen werden. Meine Wut, die könnt Ihr haben, mein Europa nicht!
Anna Elisa Hanke, 4040 Linz

Viel zu lang hat man die Augen verschlossen

"Rechtsextremismus und radikaler Islam . . .", "Quergeschrieben" von Andrea Schurian

Der feige Terroranschlag von Montag verleiht dem profunden Artikel von Andrea Schurian eine brisante Aktualität. Viel zu lang hat man, um sich nicht dem Vorwurf des Rassismus und der Islamophobie auszusetzen, die Augen vor der Realität verschlossen. Diesen Eiferern, Fundamentalisten und Fanatikern, die im Namen Allahs einen Vernichtungsfeldzug gegen das Werte- und Gesellschaftssystem des aufgeklärten Europas führen, muss die Stirn geboten werden.
Im Kampf gegen den radikalen Islam gibt es kein Patentrezept. Einer falschen Toleranz das Wort zu reden ist jedoch nicht hilfreich.
Mag. Gerald Gruber, 3353 Seitenstetten

Jüdische Gemeinde kommt kaum vor

Bei der Berichterstattung über den Anschlag vom 2. November in Wien ist mir aufgefallen, dass die Berichte sich den Themen Muslime, Jihadisten, Gefährder, friedlicher Religion und Extremisten sowie Lokalbesucher widmen, weitgehend ausgeklammert, oder kommen nicht vor, sind die Juden bzw. die Jüdische Gemeinde. Begonnen hat der Attentäter ja bewusst in der Seitenstettengasse wo sich der Stadttempel, das Zentrum der Jüdischen Gemeinde Österreichs und das anschließende jüdische Restaurant Alef Alef befinden; die Opfer wären vor allem Juden gewesen, wenn der Tempel und das Restaurant Alef Alef nicht seit einer Stunde geschlosssen gewesen wären. Die Wut ergoss sich daher über die Lokalbesucher der anderen Seite, im Bermuda-Dreieck von der Ruprechtskirche bis zum Schwedenplatz.
Ähnliches gab es vor einem Jahre in Halle in Deutschland wo der Attentäter aus Wut wegen der versperrten Synagoge die Passanten angriff. Bis auf einen kurzen Bericht, von Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister und dem Gedenken der Regierung inklusive des Präsidenten der jüdischen Kultusgemeinde, kamen Juden in der gesamten Berichterstattung nicht vor. Ihnen hätte aber höchstwahrscheinlich der Anschlag gelten sollen, nur waren sie nicht da. Aber auch wenn man nicht direkt betroffen wurde, ein seelisches Leid, eine Verängstigung, bleiben trotzdem zurück was wir auch nachempfingen können, da etliche unserer Freunde in diesem Bereich wohnen oder tätig sind.
Dr. Ulrich Habsburg-Lothringen, Friederike Habsburg-Lothringen, Wolfsberg

Europäischer „Homegrown-Terrorismus“

Ein in Österreich geborener und aufgewachsener junger Mann wurde radikalisiert und zum islamistischen Terroristen. Wie konnte das passieren?  Wie wir aus den Medien erfahren konnten, sind im Vorfeld dieser feigen Gräueltat auch einige Fehler passiert, die es aufzuarbeiten gilt. Mutige Polizisten verhinderten durch den Einsatz ihres Lebens ein größeres Blutvergießen. Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen der vier Toten und den vielen verletzten Personen. Europäischer „Homegrown-Terrorismus“ ist anscheinend eine Modeerscheinung. Die in letzter Zeit erfolgten Anschläge in Europa, wurden häufig von im eigenen Land aufgewachsenen Personen durchgeführt. Auffällig ist, dass sie als Gefährder oder Straftäter schon amtsbekannt waren, bevor sie den Terroranschlag begangen haben, und sie standen unter polizeilicher Beobachtung. Das Problem: Man kannte sie, konnte sie aber nicht dingfest machen. In diesem Bereich müssen die europäischen Demokratien die rechtlichen Voraussetzungen ändern. 
Kurt Gärtner, 4600 Wels

Ineffizienz des BVT

Im Nachhinein betrachten, dürfte der ehemalige und vom Regierungspartner als zu scharf erachtete, Innenminister Kickl, zumindest hinsichtlich der Ineffizienz des BVT, gar nicht so falsch gelegen sein. Jedenfalls reiste der Attentäter, der sich erfolgreich als geläutert gab, schon im Juli 2020, also zeitnah nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Strafvollzug, in Begleitung eines Komplizen, in die Slowakei. Dies geschah zum Zweck sich mit Munition, unschwer zu erraten wofür, einzudecken. Der Umsicht des Slowakischen Verkäufers ist es zu verdanken, dass die beiden Burschen in Ermangelung eines Waffenscheins, unverrichteter Dinge abziehen mussten. Im Gegenteil  diese fruchtlose aber Verdacht erregende Aktion wurde unmittelbar der zuständigen österreichischen Behörde gemeldet, also aller Wahrscheinlichkeit nach dem BVT. Dieser erachtete die Information allerdings offenbar nicht als brisant genug und entschied diese für sich zu behalten. Warum sollte man auch wegen jeder Bagatelle die Justiz bzw den Innenminister behelligen.
Wie gesagt, im Nachhinein dürfte Kickl mit seinem Versuch den BVT umzukrempeln, ein gutes Gespür bewiesen haben. Seinen Kontrahenten allerdings kam dies durchaus zupass, um einen lästigen Innenminister zu demontieren.
Eva Schreiber, Traiskirchen

Geschmacklosigkeiten im Fernsehen

Auch wenn wir zurzeit ganz andere Sorgen haben, trägt die Art der Berichterstattung einen wesentlichen Teil zur Stimmung in unserem Land bei. Den Sender OE24 und Wolfgang Fellner habe ich bis heute eher belächelt. Durch den gestrigen Vorfall bin ich leider in den Umstand gekommen, mehrere Stunden diesen Sender mitzuverfolgen. Diese Geschmacklosigkeit der Berichterstattung war für mich für österreichische Verhältnisse komplett neu. Handyvideos in Dauerschleife, obwohl die Polizei dazu aufruft, die Verbreitung zu unterlassen. Ohne Rücksicht und scheinbar aus reiner Quotengeilheit werden Blut, Angst und Schüsse auf Passanten schonungslos und ohne Warnung gezeigt. Kann man gegen so etwas denn gar nichts machen? Ich denke hierbei z. B. an eine Art Petition . . .
Mein größter Wunsch nach heute Nacht: Ich möchte in Österreich keine solche Berichterstattung. Ab heute zahle ich gern GIS-Gebühren.
Alexander Schulz, 1030 Wien

Wien verändert sich ganz merkwürdig

"Vielleicht kommt's mir nur so vor, aber Wien verändert sich ganz merkwürdig, heftig und eilig. Nicht jenes natürliches langsames Verändern, dem wir schon seit Jahren bewundernd oder raunzend zusehen. Nein, eine jähe Verwandlung, die vor ein paar Monaten angefangen hat. Jetzt in diesem lebenslustigem Herbstbeginn scheint ein neuer Rhythmus die Straßen zu beherrschen. Am Abend, so um die Oper, da spürt man das besonders deutlich. Bedrohlich und verwirrend kreuzen hier die Fahrzeuge und dazwischen bewegen sich die Fußgänger wie auf der Flucht..." 
frei nach Ludwig Hirschfeld
Mag. Dr. Karl Heinz Koch, MBA, 1190 Wien

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