Nationalrat

Feig, wenig staatsmännisch: Opposition attackiert Türkis-Grün

Kurz und Kickl im Nationalrat, dahinter Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka
Kurz und Kickl im Nationalrat, dahinter Nationalratspräsident Wolfgang SobotkaAPA/HERBERT NEUBAUER
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Die SPÖ fordert Kanzler und Innenminister auf, Verantwortung zu übernehmen. Die FPÖ kritisiert insbesondere letzteren: "Was Sie Kommunikationsfehler nennen, ist das Todesurteil für vier unschuldige Menschen gewesen."

Die Opposition hat die Sondersitzung des Nationalrats zum Terroranschlag in der Wiener Innenstadt zu scharfen Angriffen auf die Regierung, speziell auf Kanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) genutzt. SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner empfahl den beiden Verantwortung zu übernehmen, statt diese abzuschieben. Der freiheitliche Klubchef Herbert Kickl nannte Nehammers Verhalten feig, Neos-Obfrau jenes von Kurz wenig staatsmännisch.

Rendi-Wagner stieß sich vor allem daran, dass Spitzen der ÖVP versucht hatten, vermeintliche Fehler der Justiz in den Vordergrund zu rücken. Warum also werde in der Öffentlichkeit immer das Gemeinsame betont, wenn man dann das genaue Gegenteil tue, fragte sich die SPÖ-Vorsitzende.

Es gehe nicht um Vernebelung, Ablenkung und Plattitüden, es gehe auch um die Übernahme von Eigenverantwortung, empfahl sie den ÖVP-Ministern. Nun müssten die Vorgänge ehrlich aufgearbeitet werden mit dem Mut, auch Fehler einzugestehen. So sei zu hinterfragen, wie es passieren konnte, dass der Täter unbemerkt ein Kriegsgewehr beschaffen habe können und warum er nicht engmaschig kontrolliert worden sei, nachdem aus der Slowakei die Information gekommen war, dass der Mann dort Munition kaufen habe wollen.

Kickl: "Was Sie Kommunikationsfehler nennen, ist Todesurteil"

Dort setzte auch Kickl an, indem er an Nehammer adressierte: "Was Sie Kommunikationsfehler nennen, ist das Todesurteil für vier unschuldige Menschen gewesen." An der Stelle des Innenministers wüsste er, was nun zu tun sei, legte er Nehammer einen Rücktritt ans Herzen. In seinem Haus habe es ein furchtbares Versagen gegeben: "Dieser islamistische Anschlag hätte verhindert werden könne.“ Dass ein Mitglied einer terroristischen Organisation überhaupt vorzeitig entlassen und auf die Bevölkerung "losgelassen" werden konnte, ist für den FPÖ-Klubchef Schuld von "verantwortungslosen Weltverbesserern und Fantasten." Wenn der Kanzler nun heute von falscher Toleranz rede, dann sei das eine einzige Selbstanklage. Was es jetzt brauche, sei unter anderem ein Verbotsgesetz gegen den politischen Islam.

Die Angriffe der ÖVP auf die Justiz fand Neos-Klubobfrau Meinl-Reisinger "schäbig". Denn es gab ja im Bereich des Innenministeriums, konkret im BVT, massive Fehler. Die aufzudecken brauche es nun eben eine Untersuchungskommission, in die aber bis hin zur Vorsitzwahl die Opposition eingebunden werden müsse.

Meinl-Reisinger warnte auch indirekt vor überschießenden Maßnahmen als Folge des Terrorakts: "Die liberale Gesellschaftsordnung darf nicht aufgegeben werden. Sonst hätten die gewonnen." Die Errungenschaften von Aufklärung und Säkularität gelte es zu verteidigen und zwar mit den Mitteln des Rechtsstaats. "Wir können den Abend nicht ungeschehen machen und wir können auch nur bedingt Angst und Schrecken vom Tisch wischen, wir können aber zeigen, dass wir als Gesellschaft zusammenstehen und keinen Millimeter weichen", meinte die Neos-Chefin.

Noch wisse man viel zu wenig über die Hintergründe des Anschlags und auch noch nicht mit Sicherheit, ob er verhindert werden hätte können, sagte die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer. Warum der Mann nicht ausreichend vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, müsse schonungslos aufgeklärt werden.

Wöginger: "Wehret den Anfängen"

ÖVP-Klubobmann August Wöginger forderte, jegliche Art von Extremismus den Boden zu entziehen: "Wehret den Anfängen", meinte der Fraktionschef auch mit Blick auf Verwüstungen in katholischen Kirchen. Die islamistischen Täter schilderte Wöginger als krank: "Dieser Krankheit müssen wir entschieden entgegentreten.“ Polizei und Justiz müssten dazu effektive Mittel in die Hand gegeben werden. Das BVT müsse wieder schlagkräftiger werden, um jeden Extremismus zu bekämpfen. Es sei nicht die Zeit, rund um die Sicherheitsbehörde Sündenböcke zu suchen.

(APA)

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