Mein Freitag

Könnte eigentlich alles recht schön sein

. Aber da, wo jemand war, bleibt immer etwas, auch wenn nichts mehr zu sehen ist.
. Aber da, wo jemand war, bleibt immer etwas, auch wenn nichts mehr zu sehen ist.(c) imago/blickwinkel (imago stock&people)
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„Ein denkwürdiger Themenplan“, schreibt eine Kollegin nach einem Blick auf unsere Liste für die größten Geschichten des Tages: US-Wahl, Terror, Corona.

Eine Woche, an die man sich noch lang erinnern wird, voll mit Ereignissen und Nachrichten, die einander verschieben, überdecken und dann wieder auftauchen.

Das eine fordert berufliche Aufmerksamkeit, das andere rührt an Ängste, und dann hört man sich noch den Kindern nachrufen, ob sie eh ihre Masken mithaben, so wie früher die Jause oder das Turnzeug. Aber den meisten ist der Appetit vergangen, und geturnt wird nur noch im Straßengewand, wenn überhaupt.

Wenigstens können sie noch in die Schule gehen, auch wenn sie lieber zu Hause blieben, zu viele Einsatzfahrzeuge sind zu hören, und die Menschen, denen man begegnet, wenden den Blick ab. Gibt nicht viel zu sagen derzeit, außer mit den Schultern zu zucken. Ist halt so, sagen die Kinder, deren lärmende Energie gut ist, aber gleichzeitig schwer zu ertragen, wie die Sonne, die die prachtvollen Herbstfarben ins Rampenlicht rückt. Könnte eigentlich alles recht schön sein.

Ist es auch, sagt eine Freundin energisch, man muss das Beste daraus machen, einen Kaffee trinken draußen, ein wenig plaudern, ein gutes Lied hören, das schöne Erinnerungen zurückbringt. Fotos sortieren, für die man nie genug Zeit hat. Man hat immer die gleiche Herbstwanderung im Lauf der Jahre gemacht und an derselben Stelle den atemberaubenden Blick fotografiert. Erstaunlich, wie ähnlich man sich bleibt.

Auf einem anderen Foto sitzt jemand auf dem Steg und schaut in die Ferne. Im Wasser spiegeln sich die bunten Blätter der Bäume gegenüber. Es muss ziemlich genau vor zwei Jahren gewesen sind, heute sieht die gelichtete Belaubung exakt genauso aus. Fallen die Blätter etwa immer in derselben Reihenfolge ab?

Nun sitzt niemand mehr auf dem Steg. Aber da, wo jemand war, bleibt immer etwas, auch wenn nichts mehr zu sehen ist.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

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