Wohnklima

Dämmen: Wintermantel und Hitzeschutz

Beispiel für eine nachträgliche Innenraumdämmung in einem Altbau. Dabei lassen sich bis zu 85 Prozent des Heizwärmebedarfs sparen.
Beispiel für eine nachträgliche Innenraumdämmung in einem Altbau. Dabei lassen sich bis zu 85 Prozent des Heizwärmebedarfs sparen.(c) Getty Images/iStockphoto (urfinguss)
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Ein gut gedämmtes Haus hält winterliche Kälte wie sommerliche Hitze draußen. Das sorgt für ein angenehmes Wohnklima, schont die Geldbörse und hilft der Umwelt.

Spätestens, wenn die winterliche Kälte durch die Mauern kriecht und die Rechnung für Gas, Öl und Co. ins Haus flattert, beginnen viele Hausbesitzer über eine thermische Sanierung nachzudenken. Zumindest dann, wenn sie Altbauten und Bestandsgebäude ihr Eigen nennen. Denn nach wie vor ist der Großteil dieser Bauten in Österreich nicht saniert: Von den aktuell fast 4,8 Millionen Wohneinheiten in Österreich weisen nach Angaben des Umweltbundesamts und des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) etwa 1,9 Millionen einen thermisch unzureichenden Standard auf.

Starker Aufholbedarf bei Altbauten

Während bei Neubauten aufgrund strenger Vorgaben in Bauordnungen, Wohnbauförderungsvorschriften und Normen Wärmedämmung bereits Standard ist, weisen ältere Gebäude ein enormes Verbesserungs- und Einsparungspotenzial auf. Denn allein die Dämmung des Gebäudes kann den bisherigen Heizwärmebedarf um bis zu 85 Prozent verringern.

Trotzdem ist die Gesamtsanierungsrate bei Wohnungen von 2009 bis 2018 von 2,1 auf 1,4 Prozent gesunken. Dabei ist der Gebäudesektor für rund 27 Prozent des Gesamtenergiebedarfs verantwortlich, weiters gehen rund zehn Prozent der Treibhausgases auf sein Konto. So belastet das Beheizen eines nicht gedämmten Einfamilienhauses die Atmosphäre mit rund fünf bis zehn Tonnen CO2 pro Jahr.

Gesamtplan ohne Kältebrücken

Eines sollten Dämmwillige dabei nicht außer Acht lassen: „Es bringt nichts, wenn man auf einer Wand 50 Zentimeter Dämmung aufbringt und auf den drei anderen nichts“, sagt Andrea Kraft von der Energie- und Umweltagentur eNu. Für eine optimale Dämmwirkung sollten aber nicht nur sämtliche Außenwände, sondern auch die Kellerdecke sowie die oberste Geschoßdecke beziehungsweise das Dach mit einer dämmenden Hülle versehen werden. Geht man das Projekt in Etappen an, sollte man Letztere als Erstes angehen. Und das aus zwei Gründen: Zum einen kann diese meist relativ einfach durchgeführt werden.

Wird der Dachboden begangen, muss nur darauf geachtet werden, dass die Dämmmaterialien druckfest sind oder Stege gelegt werden. Wird der Raum unterm Dach nicht regelmäßig genutzt, reichen offen verlegte Dämmmatten oder -platten. „Auf Dachböden mit schlechten Zugangsmöglichkeiten oder vielen Hohlräumen hat sich auch das Einblasen von Zellulose bewährt“, weiß Kraft. Zum anderen ist das Einsparungspotenzial enorm: So ist der Energieverlust pro Quadratmeter Dach- und Geschoßdeckenfläche bis zu 2,5-mal so hoch wie pro Quadratmeter Wandfläche. Denn Wärme steigt auf. Ist der Dachboden nicht ausgebaut und ungedämmt, geht im Winter davon viel verloren.

Ökologische Dämmung nachgefragt

Geht es um die Dämmung der Fassade, sollten Hausbesitzer zuerst den Zustand des Mauerwerks prüfen. „Ist eine Mauer feucht, kann man sie nicht gleich dämmen, sondern muss sie vorher trocken legen. Sonst handelt man sich noch mehr Probleme, wie etwa Schimmel, ein“, warnt Kraft. Neben zweischaligen Wänden und hinterlüfteten Fassadenverkleidungen, die auftretende Feuchtigkeit abführen, ist das Wärmedämmverbundsystem auf Putzbasis heute eine weitverbreitete Außenputzvariante. „Ist die Wand trocken, kann man alle auf dem Markt befindlichen Materialien verwenden. Wichtig ist dabei, auf den U-Wert zu achten“, so Kraft. Immer mehr Nachfrage gibt es nach ökologisch verträglichen Dämmmaterialien wie mineralischen Dämmstoffen, Zellulose, Hanf, Stroh oder Schafwolle. Architekt Alexander Hagner vom Architekturbüro Gaupenraub steht Letzteren ein wenig skeptisch gegenüber. „Man muss darauf achten, dass diese Materialien nicht mit Pestiziden oder Insektiziden behandelt wurden“, sagt er. Darüber hinaus sei beispielsweise Schafwolle nicht formstabil, man brauche dafür eine Unterkonstruktion, ergänzt Kraft. Nicht nur das Material, sondern auch die Dicke des Dämmstoffes sind für viele Sanierer eine Herausforderung. „Ab etwa 20, 25 Zentimetern nimmt der Grenznutzen ab, die Einsparungen sind dann nicht mehr besonders hoch“, weiß Georg Bursik, Geschäftsführer von Wopfinger Baustoffindustrie. Und Kraft ergänzt: „Die ersten Dämm-Zentimeter sind die wichtigsten.“

Bursik rät im Übrigen dazu, Dämmstoffe nur von Profis anbringen zu lassen. „Das ist kein Do-it-yourself-Produkt“, sagt er. Die Qualität der Ausführung sei „wirklich wichtig“, betont auch Kraft. Die Dämmstoffe müssten richtig verklebt beziehungsweise verschraubt werden, um etwa das Eindringen von Feuchtigkeit oder Kältebrücken zu vermeiden. Schwachstellen sind dabei beispielsweise die Übergänge zu Fenstern, Terrassen, in die Wand eingestemmten Zählerkästen oder anbetonierten Außenstiegen. „Da muss wirklich sorgfältig gearbeitet werden“, sagt Kraft.

AUF EINEN BLICK

Die Dämmung des Gebäudes kann den Heizwärmebedarf um bis zu 85 Prozent verringern, das Beheizen eines nicht gedämmten Einfamilienhauses belastet die Atmosphäre mit fünf bis zehn Tonnen CO2 pro Jahr. Dennoch weisen derzeit 1,9 Millionen Wohnungen (von 4,8 Mio.) in Österreich noch einen thermisch unzureichenden Standard auf.

Bei einer Dämmung sollten immer Profis ans Werk – denn falsche Materialwahl wirkt sich ebenso fatal aus wie unsachgemäßes Anbringen und kann langwierige Folgearbeiten und -kosten verursachen. Ökologisch verträgliche Dämmmaterialien wie Zellulose, Hanf, Stroh oder Schafwolle werden immer öfter nachgefragt. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass die Materialien nicht mit Pestiziden oder Insektiziden behandelt wurden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2020)

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