Klimaschutz

Vorzeigeprojekte: Grüne Leuchttürme

Wohnprojekt Kugelmanngasse
Wohnprojekt Kugelmanngasse(c) Eva Kelety
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Energieeffizienz ist bei Neubauten in Österreich Pflicht, was darüber hinausgeht, die Kür. Immer mehr Bauherren setzen bei ihren Projekten ein Signal für den Klimaschutz.

Der Immobiliensektor soll in Wien klimafit werden – vom ersten Spatenstich bis zur Abrissbirne: Die Smart-City-Wien-Rahmenstrategie sieht vor, dass ab 2050 vier Fünftel alle Materialien von Abbruchgebäuden und Großumbauten wiederverwendet oder -verwertet werden müssen. Zusätzlich werden bei der Sanierung erneuerbare Energiequellen, Fernwärme und Fotovoltaik verpflichtend und beim Neubau strengere Standards vorgegeben. Das Ziel ist, Energie und Emissionen zu sparen, sagt Anna-Vera Deinhammer, Kreislaufwirtschaftskoordinatorin der Stadt Wien: „Bis jetzt wurde in einem Neubau nach zehn Jahren Nutzung gleich viel Energie verwendet wie während dessen Bau benötigt wurde. Der verbesserte Neubau benötigt diese Energiemenge erst in 35 Jahren.“

Privates Kapital für die Umwelt

Was alles möglich ist, zeigen erste Pilotprojekte – beispielsweise in der Biotope City Wienerberg, die sich als Gartenstadt des 21. Jahrhunderts versteht und 2021 fertiggestellt werden soll. Großprojekte der öffentlichen Hand wie diese könnten in Zeiten von milliardenschweren Hilfspaketen und rückläufigen Steuereinnahmen künftig aber seltener werden. Daher schlägt die Stunde der Initiativen von privaten Bauherren, die über den verpflichtenden Niedrigenergiestandard hinausgehen und Leuchtturmprojekte in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit errichten. So setzt die Strabag-Tochter Mischek, einer der größten Bauträger in Wien, künftig bei allen Neubauprojekten auf die Betonkernaktivierung „Aktiv+“ und wird damit der erste österreichische Bauträger mit Bauteilaktivierung und Erdwärme als neuem Standard. Dabei werden in regelmäßigen Abständen Wasserrohre in den Betondecken verlegt. Das Gebäude wird dadurch im Winter selbst zur Heizung, während es im Sommer die eigenen vier Wände kühlt. Trotz der im Vergleich zu anderen Heizungsarten höheren Errichtungskosten, die durch tiefe Bohrungen ins Erdreich entstehen, rechnet sich die Investition langfristig finanziell: „Die Folge sind geringere Betriebskosten, die das Haushaltsbudget schonen“, erklärt Mischek-Geschäftsführer Stephan Jainöcker. „Damit wollen wir einen neuen, nachhaltigen Standard im Wohnbau definieren.“ Das erste Wohnhaus, bei dem das „Aktiv+“-System zum Einsatz gekommen ist, steht in der Kugelmanngasse in Wien Liesing, die niedrigen Betriebskosten kommen bei den Mietern sehr gut an.

Büroprojekt „The Brick“
Büroprojekt „The Brick“ (c) Schreiner Kastler

Kristall statt „nur“ Platin

Bürohäuser werden nicht für Private, sondern für Unternehmen errichtet – und kaum ein Unternehmer, der etwas auf sich hält, lässt sich heute gerne in einem Bürohaus nieder, das als Energieverschwender gilt. Während Klimafreundlichkeit im Wohnbereich heute noch das Tüpfelchen auf dem i für Entwickler ist, sind nach strengen Standards errichtete Green Buildings am Bürosektor bereits Standard. Bauträger Soravia aber geht einen Schritt weiter: Mit „The Brick“ entstand am Wienerberg ein Bürohaus direkt bei der Biotope City, das sogar über die allerhöchste Platin-Zertifizierung hinausgeht und als Erstes in Österreich mit dem Ögni-Kristall-Award ausgezeichnet wurde. Dieser Tage übergeben, wird „The Brick“ mit seiner prägnanten Ziegelfassade die neue Zentrale des Baustoffherstellers Wienerberger. „Auf dem Weg zu Kristall stehen bei Planern, Umsetzern und Betreibern die Gebäudenutzer und ihr Wohlbefinden im Fokus“, sagt Soravia-CEO Erwin Soravia. „Dieser nutzerzentrierte Ansatz wurde erstmalig in einem österreichischen Bürogebäude mit so hoher Qualität umgesetzt.“

Schule in Wals-Siezenheim
Schule in Wals-Siezenheim(c) Thalmeier Arch. ZT

Begrünte Fassaden

„The Brick“ nimmt auf dem Wiener Immobilienmarkt eine Sonderstellung ein. Doch auch abseits der Hauptstadt gibt es immer mehr Bauherren, die auf Nachhaltigkeit setzen – selbst in kleineren Gemeinden und nicht nur bei Wohn- und Bürogebäuden. So errichtet Salzburg Wohnbau in Wals-Siezenheim gerade eine Volksschule in einer neuartigen Hybridbauweise aus Beton mit Bauteilaktivierung und Massivholz. Fotovoltaik, Erdwärmepumpe, ein Naschgarten mit Obstbäumen: Das Gebäude soll ein Leuchtturmprojekt für Klimaschutz werden. Das liegt auch am Auftraggeber, der Mitglied im Landesprogramm e5 für energiebewusste Gemeinden ist. Doch nicht nur bei Projekten für umweltbewusste Bauherren, sondern auch bei der Sanierung seines eigenen Firmensitzes setzt Salzburg Wohnbau auf Grün: Efeupflanzen zieren die Fassade und tragen so zu einem gesunden Mikroklima im Stadtteil bei. Damit ist es dem Unternehmen nicht nur gelungen, Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu sein, sondern auch einen Etappensieg in einem europaweiten Wettbewerb, der „Baumit Life Challenge 2021“, zu erringen. Das Unternehmen wurde in der Kategorie Thermische Sanierung nominiert – ob die grüne Fassade letztendlich einen Preis einbringt, wird im April feststehen.

SONNENENERGIE TANKEN

Fotovoltaik ist bei Immobilieneigentümern beliebt – sowohl bei Neubauten als auch bei Sanierungen. So errichtet die Hallmann-Holding-Tochter Süba in Wiener Neustadt ein neues Stadtquartier, das eine Klimaaktiv-Zertifizierung erhalten soll und bei dem mit entsprechenden Anlagen auf den Dächern Grünstrom erzeugt wird. In Salzburg geht man auf dem Dach der Privatschule Werkschulheim Felbertal denselben Weg: Dort werden mit der Kraft der Sonne E-Autos betankt und 66 Haushalte mit Energie versorgt.

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