Wohnen in der Stadt

Die teuersten Lagen Wiens: "Je näher zum Ersten, desto teurer"

Die Randbezirke rund um Ring und Kai holen auf
Die Randbezirke rund um Ring und Kai holen auf(c) Die Presse/Clemens Fabry (Clemens Fabry)
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Nachdem in der Wiener Innenstadt viel verkauft ist, ziehen die Preise für Wohnimmobilien rundherum an.

Es braucht nicht mehr zwingend die 1010, um Preise jenseits der 10.000-Euro-Grenze zu erzielen. Zwar zählen die Lagen in der inneren Stadt immer noch zu den teuersten, in denen sich in Einzelfällen bis zu 30.000 Euro lukrieren lassen und Summen zwischen 15.000 und 20.000 Euro keine Ausnahmen sind. Aber auch in den Bezirken Zwei bis Neun, in denen das Gros der luxuriösen Wohnquadratmeter bislang eher im vierstelligen Bereich den Besitzer wechselte, werden jetzt immer öfter 10.000 bis 12.000 Euro aufgerufen.

Radius weitet sich aus

„Nachdem ein Gutteil der Toplagen in der Innenstadt entwickelt und verkauft sind, weitet sich der Radius aus“, erläutert Peter Marschall, Inhaber von Marschall Immobilien, die Entwicklung. Vor allem der Zweite sei dabei sehr gefragt, aber auch die Bezirke Acht und Neun erfreuen sich neuer Kundschaft. „Hier lassen sich zumindest in den Dachgeschoßen 10.000 bis 12.000 Euro erzielen“, erzählt Marschall, zumindest dann, wenn alles passt.

Eine Einschätzung, die Elisabeth Rohr, Inhaberin von Rohr Real Estate, teilt: „Gerade am Karmelitermarkt, wo viele neue Lokale aufgesperrt haben, bei denen man spürt, dass sie sich wirklich Mühe geben, lassen sich solche Preise erzielen“, verweist die Maklerin auf mögliche Faktoren bei der Entstehung neuer Toplagen. Oft handelt es sich dabei allerdings um Mikrolagen, die kaum je die Preise eines ganzen Bezirks hinaufschnellen lassen.

Grundsätzlich gilt innerhalb des Gürtels und jenseits des Donaukanals die Regel „Je näher zum Ersten, desto teurer“, aber auch andere Faktoren und Attraktionen spielen eine Rolle. „Oft handelt es sich dabei nur um ein oder zwei Straßenzüge“, weiß Marschall. Darunter etwa im Sechsten, Siebten und teilweise im Fünften vieles Richtung Naschmarkt; im Zweiten neben dem Karmelitermarkt Teile der Taborstraße Richtung Innenstadt und im Sechsten entlang der Gumpendorfer Straße sowie zwischen der Naglergasse und der Mariahilfer Straße.

»"Oft handelt es sich dabei nur um ein oder zwei Straßenzüge."«

Peter Marschall

Im Achten nennt der Makler die Josefstädter Straße und im Neunten natürlich das Servitenviertel. Neben der Eröffnung neuer Geschäfte und Lokale trägt die Stadtpolitik zur Anziehungskraft mancher Lagen bei: „Unabhängig davon, wo man politisch steht, muss man zugeben, dass die Verkehrsberuhigungen durch die Grünen viel zur Attraktivität mancher Mikrolagen beigetragen haben“, meint Rohr mit Verweis etwa auf die Fußgängerzone in der Lange Gasse. Auch wenn Wien noch keine „Wald-Stadt der explodierenden Bäume“ ist, wie manch ausländisches Staatsoberhaupt zu wissen glaubt, wissen die Menschen Grün in der Stadt durchaus zu schätzen.

Aufwind am Hauptbahnhof

Nicht ganz so grün, aber trotzdem auf dem Weg nach oben, ist der Bereich rund um den neuen Hauptbahnhof. Hier haben sich etwa die Parkapartments von Architekt Renzo Piano überraschend schnell verkauft, „und auch sonst ist das durch die S-Bahn und Bim eine super Lage unter anderem für Expats oder Pendler aus den Bundesländern“, weiß Rohr. Weshalb die Signa hier mit dem nächsten Projekt „Bel & Main“ in den Startlöchern steht, das eine gemischte Nutzung aus Gewerbeflächen und Luxus-Mietwohnungen vorsieht.

Zusätzlichen Aufwind haben in der Post-Lockdown-Phase alle grünen Luxuslagen bekommen. „Dort haben wir die ersten Effekte bereits im Juni gespürt, als es eine verstärkte Nachfrage nach Immobilien im Grünen mit Gärten gegeben hat“, erzählt Marschall. Eine Nachfrage, die lang etwa im 19. deutlich geringer als das Angebot war, sich jetzt nach der Einschätzung von Richard Buxbaum, Prokurist und Leiter Wohnimmobilien bei Otto Immobilien aber langsam wieder einpendelt. „Es gibt dort neben den Villen auch einige Revitalisierungs- aber auch Neubauprojekte“, berichtet der Makler. „Dadurch hat sich ein ganz gutes Gleichgewicht entwickelt.“ Außerdem hätten Projekte wie „The Shore“ am Wasser ein Alleinstellungsmerkmal, das für einige durchaus interessant sei.

»"Unabhängig davon, wo man politisch steht, muss man zugeben, dass die Verkehrsberuhigungen durch die Grünen viel zur Attraktivität mancher Mikrolagen beigetragen haben."«

Elisabeth Rohr

Wichtig sei bei Projekten in den Grünlagen aber immer, dass die Infrastruktur passe, betont Marschall: „Die Zeiten, in denen Eltern den Chauffeur für ihre Kinder gespielt oder die Nanny mit Shuttlediensten beauftragt haben, sind vorbei“, meint der Makler. Zumindest eine Straßenbahn oder ein Bus sowie Geschäfte zum Einkaufen müssten fußläufig gut erreichbar sein; wenn man zwingend ein Auto brauche oder die nächste Haltestelle eine halbe Stunde Fußweg entfernt sei, mindere das die Attraktivität.

Stagnation im Ersten

Und was tut sich in Wiens Einser-Lage schlechthin? Im Ersten, der in den vergangenen Jahren durch eine Rekordzahl an neuen Luxusprojekten und –quadratmetern im Fokus der Makler und Entwickler stand, ist es deutlich ruhiger geworden. Die Mehrheit der neuen Einheiten ist verkauft, „von dem großen Angebot ist immer weniger über und in der Pipeline sind derzeit wenig neue Projekte“, berichtet Buxbaum. Wobei sich bei den wenigen Projekten noch zeigen muss, ob Corona darauf nachhaltigen Einfluss haben wird.

»"Wie sehr entsprechende Projekte ein Grätzel aufwerten können, hat man ja beim Goldenen Quartier gesehen."«

Richard Buxbaum

„Wir sind natürlich gespannt auf die Residenzen des neuen Mandarin Oriental, das im alten Handelsgericht an der Riemergasse entstehen wird“, sagt Buxbaum. Allerdings sei hier die Fertigstellung erst für das Jahr 2023 avisiert – und gerade im Bereich der Stadthotellerie weiß im Moment wohl niemand, was die nahe Zukunft bringen wird.

Andere Mikrolagen im Ersten, an denen sich etwas tun dürfte, sind nach Einschätzungen der Makler der Franz-Josefs-Kai, an dem Jeditzka derzeit das „Kayser“ entwickelt. Und je nachdem, welche Konzepte letztendlich im Post Palais realisiert werden, darf man rund um die Dominikanerbastei einiges erwarten. „Das wird sicherlich Auswirkungen auf die Lagen drumherum haben“, ist Buxbaum überzeugt. „Wie sehr entsprechende Projekte ein Grätzel aufwerten können, hat man ja beim Goldenen Quartier gesehen“, ergänzt der Makler. So gab es Gerüchte um Verkehrsberuhigungen, die zu einem „zweiten Franziskanerplatz“ führen sollten und auch das Thema Aufwertung des Schwedenplatzes ist ein bekannter Dauerbrenner. „Man wird sehen, wie es jetzt nach den Wahlen weitergeht“, so Buxbaum, „denn davor passiert ja immer wenig.“ (SMA)

DIE TEUERSTEN LAGEN

Im Ersten werden Luxusobjekte im Schnitt zwischen 15.000 und 20.000 Euro pro Wohnquadratmeter verkauft, manches um 25.000 bis zu 30.000 Euro. In den Bezirken Zwei bis Neun holen einige Mikrolagen auf, in denen 10.000 bis 12.000 Euro erzielt werden, sonst 800 bis 10.000 Euro. Und in den Grünbezirken 18 und 19 muss man zwischen 7000 und 11.000 Euro für neue Quadratmeter investieren, im 13. zehn bis 15 Prozent weniger.

> > Luxus-Objekte, die derzeit verkauft werden, finden Sie unter: www.diepresse.com/immobilien/objekte/luxus

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