Gelenkiges Office. Yoga-Lehrerin Steph Cusack leitete an zum beweglichen Arbeiten.
Vitra-Gipfeltreffen

Vage neue Welt: Über die Lebens- und Arbeitswelten nach Corona

Wie werden sie aussehen, die Lebens- und Arbeitswelten nach dem Covid-Zeitalter? Vitra ließ Designgrößen bei einem virtuellen Gipfeltreffen darüber philosophieren.

Ganze zwei Tage Online-Videokonferenzen hatte das Schweizer Möbelunternehmen Vitra in seiner Einladung für einen "Summit zur Zukunft gemeinsam genutzter Räume" Anfang Oktober versprochen. Für den, der seine Tage im Moment mit Zoom-Calls aus dem Home-Office heraus beginnt, klingt das nicht wenig ermüdend: Verlor man einst bei ganztägigen Konferenzen am Nachmittag   irgendwann zwischen der zweiten Kaffeepause und dem vorletzten Redner   in stickigen Seminarräumen mit greller Beleuchtung, unbequemen Stühlen und klebriger Luft den Verstand, weiß man, Pandemie sei Dank, mittlerweile, dass das gar nicht so schlecht war. Verglichen mit dem stundenlangen Starren auf die - manchmal eingefrorenen Bilder - unzähliger Köpfe auf einem Bildschirm zumindest.

Virtualisierung. Aber Vitras Gipfeltreffen widmete sich nun einmal den "gemeinsam genutzten Räumen", und sind die nun im Moment nicht virtuell? So unbegreiflich das manchmal sein mag, viele Menschen leben gerade von und über ihre Computerbildschirme, ihre Internetverbindungen. Und die Köpfe, die bei der Vitra-Übertragung möglicherweise einfrieren würden, hatten große Namen: Francis Kéré, Esther Perel, Virgil Abloh, Hella Jongerius - unter anderem. Die Fragen, die sie beantworten sollten: Wie besser arbeiten? Wird das Büro überleben, und wenn nicht, werden wir es vermissen? Wie sich wohlfühlen, wenn das Zuhause gleichzeitig daheim und in der Arbeit sein bedeutet? Mit dem nächsten Lockdown im Kopf sind das Fragen, die durchaus eine Antwort verlangen.

Zoom. Gesichter, die man kaum lesen kann: Die Ära der Video- Konferenz.
Zoom. Gesichter, die man kaum lesen kann: Die Ära der Video- Konferenz.beigestellt

Nun verhält es sich mit der Frage nach der konkreten Coronazukunft im Alltag ähnlich wie mit der danach, wie sich das Virus weiterhin verhalten wird: Sie ist aus der momentanen Perspektive heraus kaum zu beantworten. Selbst wenn renommierte Designerinnen, Architekten, Psychologinnen, Stadtplaner Antworten danach suchen, fühlt sich das ein bisschen nach Stammtischdebatten, Familiendiskussionen, notgedrungenem Smalltalk an. Die Sicht darauf, was für wen wie und wann funktioniert, ob Home-Office, ob Kinderbetreuung funktioniert oder nicht, ob "mir fällt die Decke auf den Kopf" oder "ist eh alles super": Der Blickwinkel ist immer noch ein individueller. Zwar hatte Vitra den öffentlich zugänglichen virtuellen Summit schon lang geplant, ehe die Pandemie dazwischengrätschte, doch aus heutiger Perspektive lässt sich nichts ohne den Blick auf das Coronavirus und seine Auswirkungen, seine Implikationen beantworten. Dazu kommt alles andere so Wichtige, das 2020 bislang ausmacht: Die Arbeit an einem nachhaltigeren Leben, die Bekämpfung von Rassismus. Das macht die Zukunft spannend und kompliziert zugleich - und Expertenmeinungen fast ein bisschen redundant, vor allem dann, wenn sie theoretisch jede Entwicklung für möglich halten. Oder: Halten müssen. Werden wir künftig bunter einrichten, kuscheliger oder so hygienisch, so hermetisch abgeriegelt, wie das nur geht? Wie viel Einfluss werden soziale Neuausrichtungen, politische Eingriffe haben? Wer weiß das schon, wenn man gerade die neueste Coronaverordnung einer Regierung studieren muss, um zu wissen, ob man überhaupt noch Freunde treffen darf.

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