US-Wahl

CNN: Joe Biden ist der nächste Präsident der USA

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Nach Tagen des Wartens spricht CNN es aus: Joe Biden hat die Wahl zum 46-ten Präsidenten der USA gewonnen.

Das Wahldrama dürfte ein Ende haben: CNN hat Joe Biden am Samstagnachmittag (MEZ) zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt.
Tagelang war nicht klar, wer künftig als Präsident im Weißen Haus sitzen wird. Alles deutete daraufhin, dass der demokratische Herausforderer Joe Biden (77) gewonnen hat. Allerdings war es rechnerisch sehr lange weiterhin möglich, dass Donald Trump (74) vier weitere Jahre im Amt bleiben könnte.

Das Warten entwickelte sich zunehmend zur Geduldsprobe - für die USA mit ihren fast 330 Millionen Einwohnern, aber auch für den Rest der Welt. Die Augen richteten sich am Samstag vor allem auf die entscheidenden Bundesstaaten Pennsylvania, Georgia und Nevada. Überall lag Biden inzwischen vor Trump, obwohl der amtierende Präsident anfangs teils deutlich geführt hatte. Mehr als 30.000 Stimmen betrug der Vorsprung des ehemaligen Vizepräsidenten von Barack Obama am Samstagnachmittag (15.00 MEZ) jedoch nirgendwo. Die letzten Stimmen tröpfeln seit Freitag nur noch in Tranchen von teilweise wenigen Hundert ein.

Nicht nur die Amerikaner warten auf einen Dammbruch, der die Wahlrechner der vorsichtigen TV-Sender und die Nachrichtenagentur AP dazu veranlassen könnte, dass Rennen für entschieden zu erklären. Stattdessen tippten Analysten bei CNN, Fox oder NBC weiter auf ihren riesigen Bildschirmen mit der USA-Karte herum und zeigten, wo noch wie viele Stimmen ausstehen. Bezirke wie Allegheny, Clayton oder Clark County - von denen außerhalb der USA bisher nur die wenigsten gehört hatten - bekommen enorme Aufmerksamkeit.

Die Auszählung zog sich bei der diesjährigen US-Wahl wegen der hohen Wahlbeteiligung und der Corona-Pandemie hin. Viele Bundesstaaten hatten unter anderem ihre Regeln für die Briefwahl angepasst, um die Wähler nicht einer Infektionsgefahr im Wahlbüro auszusetzen. Millionen Amerikaner machten davon Gebrauch.

Wahlhelfer musste untertauchen

Die Stimmung im Land ist angespannt. Zu spüren bekam das etwa ein Wahlhelfer im Bundesstaat Georgia. Er erhielt zahlreiche Drohungen, nachdem Internet-Nutzer ein vielfach geteiltes Video fälschlicherweise so interpretiert hatten, dass er einen Stimmzettel wegwirft. Dabei habe er lediglich eine Liste mit Anweisungen weggeworfen, die Wähler oft in den Umschlag steckten, sagte der Wahlleiter in Fulton County, Richard Barron, am Freitagabend (Ortszeit). "Er ist jetzt untergetaucht, weil er bedroht wurde. Ich finde das beschämend", so Barron. Er kritisierte, alle persönlichen Informationen des Helfers seien im Internet veröffentlicht worden.

Biden: „Werden Rennen klar gewinnen"

Vor seinem wahrscheinlichen Sieg bei der Wahl in den USA hat der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden die Amerikaner zur Einheit aufgerufen. "Wir mögen Gegner sein, aber wir sind keine Feinde", betonte Biden, während noch die letzten Stimmen nach der Präsidentenwahl ausgezählt wurden. Es sei an der Zeit, den Zorn abzulegen und gemeinsam als eine Nation zu heilen. Biden liegt in wichtigen Bundesstaaten vorn und ist damit auf dem Weg zum Sieg.>> Joe Biden auf der Siegerstraße [premium]

Der Herausforderer steht vor dem Einzug ins Weiße Haus. Biden bereitet sich auf die Machtübergabe vor. Trump schlägt verbal um sich und will alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen, berichtet „Presse“-USA-Korrespondent Stefan Riecher.

Biden zeigte bei seinem Auftritt in der Nacht zum Samstag wenig Zweifel an seinem Sieg. "Wir werden dieses Rennen mit einer klaren Mehrheit und der Nation hinter uns gewinnen", sagte er in seinem Wohnort, Wilmington.

Die Rede war am Nachmittag von Bidens Wahlkampfteam ursprünglich für das US-Hauptabendprogramm angekündigt worden; aufgrund der noch immer knappen Rennen wurde es zu guter Letzt doch keine Siegerrede. Biden kündigte an, am Samstag wieder auftreten zu wollen.

Biden kündigt Corona-Hilfen an

Das zeigen auch die aktuellen Zahlen aus den Bundesstaaten Pennsylvania, Georgia, Arizona und Nevada, wo er in Führung liegt. Zugleich betonte Biden, dass er sich noch nicht zum Sieger erklären werde. Amtsinhaber Donald Trump hatte bereits den Sieg für sich reklamiert und ohne Beleg behauptet, dass die Demokraten versuchten, ihm die Präsidentschaft durch Betrug zu stehlen.

Biden sagte zugleich, er und Vize-Kandidatin Kamala Harris hätten bereits damit angefangen, unter anderem an Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie zu arbeiten. Man könne den bereits verstorbenen Amerikanern nicht mehr helfen - aber "wir können in der Zukunft viele Menschenleben retten", sagte der 77-Jährige. Biden wirft Trump vor, er habe in der Corona-Krise versagt und dadurch unnötig den Tod vieler Amerikaner verschuldet. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen stieg in dieser Woche auf Rekordstände mit mehr als 120.000.

Trump: „Vielleicht wird Führung zurückkommen“ 

Der Amtsinhaber beklagte am Freitagabend in einem Tweet, dass er bei der Präsidentenwahl in allen umkämpften Staaten eine "große Führung" gehabt habe, die dann "auf wundersame Weise verschwunden" sei. "Vielleicht wird diese Führung wieder zurückkommen, wenn wir unsere rechtlichen Verfahren voranbringen", so Trump.

Trump stellt sich als Opfer systematischen Wahlbetrugs dar, ohne irgendeinen Beweis für seine Behauptungen zu nennen. Die Vorwürfe bekräftigte er am Samstag auf Twitter erneut. Der Präsident kündigte an, sich mit einer ganzen Serie von Klagen bis hinauf zum Obersten Gericht gegen eine Niederlage zu wehren. Der Leiter der Rechtsabteilung von Trumps Team, Matt Morgan, erklärte am Freitag: "Diese Wahl ist nicht vorbei." In Trumps Partei gibt es inzwischen Kritik an Trumps Verhalten nach der Wahl. Mehrere führende Republikaner mahnten, die demokratischen Regeln einzuhalten. Andere hingegen stellten sich an die Seite des Präsidenten.

Konkrete Anhaltspunkte für massiven Wahlbetrug gibt es keine. Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kamen zu dem Schluss, sie hätten "keinerlei Hinweise auf systemische Probleme finden können".

Warten auf Pennsylvania

Die Auszählung der Ergebnisse der Wahl vom Dienstag ging unterdessen weiter. Nach derzeitigem Stand des Rennens müsste Biden nur noch den Bundesstaat Pennsylvania mit seinen 20 Wahlleuten gewinnen, um sich die für den Sieg nötige Mehrheit von 270 Wahlleuten zu sichern. Der Präsident wird in den USA nicht direkt gewählt, sondern von einer Wahlversammlung (Electoral College) im Dezember. Die Amtseinführung soll am 20. Jänner 2021 stattfinden.

Nach den bereits entschiedenen Rennen in der Mehrzahl der US-Bundesstaaten verfügt der ehemalige Vizepräsident der Regierung Barack Obamas bereits über mindestens 253 Stimmen. Auch in Georgia, Arizona und Nevada lag er vorn. Dagegen sah es für Trump in North Carolina und Alaska gut aus - was ihm allerdings nicht reichen würde.

Biden in Pennsylvania mit 29.000 Stimmen voran

Rund 100.000 Stimmen standen in Pennsylvania noch vor der Auszählung, allerdings hatte Biden bei den jüngsten Aktualisierungen seine Position konstant verbessern können. Bis Samstagnachmittag (MEZ) wuchs sein Vorsprung auf 28.833 Stimmen.

Allerdings bahnte sich ein Konflikt über den Ausschluss bestimmter Stimmen an. US-Höchstrichter Samuel Alito wies die Behörden in Pennsylvania an, die nach dem Wahltag eingelangten Briefwahlstimmen separat zu zählen und aufzubewahren. Wahlleiterin Kathy Boockvar sagte jedoch, dass es nur wenige dieser Stimmen gebe und sie das Ergebnis nicht drehen dürften - die Behörden in dem Bundesstaat hatten diese Stimmen ohnehin bereits in Voraussicht auf juristische Fehden separat behandelt.

Auch wachsender Biden-Vorsprung in Georgia

In Georgia setzte sich Biden weiter von Trump ab. Ein neues Zwischenergebnis am Samstagnachmittag (MEZ) zeigte Biden mit 7248 Stimmen in Führung. Zuvor hatte der Vorsprung nur rund 4500 Stimmen betragen. Sollte sich dieser Trend bestätigen, würden die Chancen Trumps, durch die in Georgia aufgrund des knappen Ergebnisses anstehenden Neuauszählung doch noch den Sieg zu erreichen, dramatisch sinken. Experten wiesen darauf hin, dass bereits 99 Prozent der Stimmen ausgezählt seien und die noch auszuzählenden auf demokratische Hochburgen rund um die Metropole Atlanta entfallen würden. Dazu kommen noch einige Stimmen von im Ausland stationierten Militärangehörigen.

Der einzige Lichtblick für den Amtsinhaber war das westliche Arizona, wo Bidens Vorsprung auf mittlerweile 29.861 schrumpfte. 170.000 Stimmen standen noch zur Auszählung an, wobei der Großteil davon bis Samstag abgearbeitet sein sollte. Die Nachrichtenagentur AP sowie der Sender Fox News hatten Arizona bereits in der Wahlnacht Biden zugeschlagen, Arizonas Staatssekretärin, Katie Hobbs, dämpfte am Freitagabend Hoffnungen auf ein rasches Ergebnis. Die Auszählung werde "übers Wochenende" weitergehen, so Hobbs.

In Nevada hatte Biden am Freitag seinen Vorsprung auf 22.000 Stimmen nahezu verdoppelt. Hier gingen Wahlkommentatoren nicht davon aus, dass sich durch noch ausstehende Stimmen etwas an dieser Mehrheit ändern würde, weil diese vor allem aus dem demokratenstarken Las Vegas stammen. Fox News gab die Siegeschancen Bidens in dem Staat mit 93 Prozent an.

(APA/dpa/epos/twi)

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