Elisabeth Purth leitet das Caritas-Haus St. Elisabeth in Döbling.
Coronavirus

Wenn Enkel und Berührung fehlen

Die Pflege-Wohnhäuser und Altenheime haben mittlerweile Routine im Umgang mit dem Coronavirus entwickelt – die Einsamkeit der Senioren wegen der Ausgangsbeschränkungen ist aber noch eine Herausforderung.

Der Herbst bedeutet für die Wiener Pflegeheime und Seniorenwohnhäuser nicht nur wegen der hohen Corona-Infektionszahlen im ganzen Land eine Herausforderung. In erster Linie gilt es, neben dem Schutz der körperlichen Gesundheit möglichst keine Einsamkeit aufkommen zu lassen – angesichts der Einschränkungen für Besuche kein leichtes Spiel. Schnellere Teststrategien sollen verhindern, dass es wie im Frühjahr zu vorerst unbemerkten Ausbreitungen des Coronavirus kommt.

„Grundsätzlich geht es den Bewohnern gut, weil wir bezüglich der Schutzmaßnahmen sehr viel Wert auf Transparenz legen“, sagt Elisabeth Purth, die das Caritas-Haus St. Elisabeth im 19. Bezirk leitet. Gerade jetzt nach dem Terroranschlag merke sie aber, dass neben den Bewohnern auch die Mitarbeiter in dieser belastenden Zeit oft ihren Grenzen nahe sind. Vor allem zu Beginn der Coronakrise seien viele Bewohner etwa durcheinander gewesen, weil die körperliche Nähe und freundliches Lächeln plötzlich durch Berührungen mit Handschuhen und ein Gesicht hinter der Maske ersetzt wurde. „Es gibt bei uns aber noch kleine Gruppenaktivitäten für maximal sechs Personen aus einer Wohnebene“, sagt Purth. Das sei wichtig, um seelischer Isolation vorzubeugen. Psychologen kümmern sich um die Ängste, die bei den Senioren auftreten. „Wir setzen auch wieder mehr auf Videotelefonie, damit die Bewohner Kontakte pflegen können“, sagt Purth.

Bewohnerin Elisabeth Worsch vermisst vor allem ihren Urenkel. „Videotelefonie mag ich nicht. Ich habe zu meinem Urenkel eine besondere Beziehung, und da ist das Persönliche besser. Wenn wir videotelefonieren, weinen wir uns gegenseitig an“, sagt sie. Dass sie nicht viel außer Haus kommt, störe sie in der kalten Jahreszeit weniger. „Im Sommer wäre das gar nicht leiwand“, sagt Worsch und lacht.

Tests für alle Bewohner

Nach Ankündigung von Wiens Gesundheitsstadtrat, Peter Hacker (SPÖ), sollen nun alle Pflegeheime durchgetestet werden. Am Mittwoch startete das Projekt planmäßig in 90 Einrichtungen der Stadt, zu denen neben 30 „Häusern zum Leben“ mit knapp 9000 Bewohnern auch 150 Pensionistenklubs mit 17.000 eingeschriebenen Klubmitgliedern zählen. Das Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser (KWP) gilt mit rund 4500 Mitarbeitern somit als größter heimischer Anbieter in der Seniorenbetreuung. Die Bewohner leben dort allein oder zu zweit in einer eigenen Wohnung, es gibt drei verschiedene Kategorien: Unterstütztes Wohnen (ohne Pflege), betreutes Wohnen (Pflegestufe 1–7) und gepflegtes Wohnen im stationären Bereich. Innerhalb von acht oder neun Tagen sollen die rund 13.000 Bewohner und Mitarbeiter per Antigen-Schnelltests getestet werden. Im Falle eines positiven Schnelltests folgt wie immer ein PCR-Test zur Absicherung des Ergebnisses.

Die 90-jährige Hermine Hainke lebt seit 16 Jahren im KWP-Wohnhaus Rossau und seit gut einem Jahr auf der Pflegestation. Besucher dürfte sie dann empfangen, wenn diese einen negativen Coronatest vorweisen und eine FFP2-Maske tragen. Stattdessen telefoniert sie aber jeden Tag mit ihren Kindern: Sie möchten die Mutter keinem Risiko aussetzen. „Es ist schon beschwerlich ohne Besuche. Aber mich persönlich trifft es nicht ganz so, weil meine Familie jeden Tag anruft.“ Ihr Leben habe sich abgesehen davon wegen der Corona-Situation kaum verändert, Angst habe die 90-Jährige keine. „Es sind halt alle sehr vorsichtig und wir tragen Masken, wenn wir die Zimmer verlassen. Viele gehen auch gar nicht hinaus“, sagt Hainke. Im Pensionisten-Wohnhaus Rossau habe es noch keinen einzigen Coronafall gegeben. In anderen KWP-Häusern wurden dagegen schon einige Corona-Infektionen nachgewiesen, zuletzt etwa in den Häusern Rudolfsheim, Wienerberg, Jedlersdorf und Brigittenau.

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