Mein Montag

Warum sagt man eigentlich, dass es „arschknapp“ war?

"Arschknapp" sagte Alexander Van der Bellen schon bei der Nationalratswahl 2006 - damals noch als Grünen-Chef.
"Arschknapp" sagte Alexander Van der Bellen schon bei der Nationalratswahl 2006 - damals noch als Grünen-Chef.Michaela Bruckberger
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Über eine verstärkende Vorsilbe an Adjektiven, die in letzter Zeit ziemlich häufig zu hören ist.

Gefühlsmäßig gibt es gerade eine 50:50-Aufteilung der Welt. Alles spitzt sich darauf zu, dass zwei konkurrierende Weltanschauungen oder politische Lager ziemlich genau gleich groß sind. (Man spricht dann auch gerne von einer gespaltenen Nation oder Gesellschaft.) Bei Wahlen ist ein Patt halt nicht zulässig, also geht es darum, zumindest ein bisschen vorne zu liegen, um zu gewinnen, siehe etwa die jüngste US-Präsidentschaftswahl. „Arschknapp“ nennt man dann eine solche Entscheidung hierzulande. In Österreich wird das Nomen-Adjektiv-Kompositum vor allem Alexander Van der Bellen zugeschrieben.

2016 landete das von ihm verwendete Bonmot, mit dem er das Ergebnis der Bundespräsidentenwahl prognostizierte, auf Platz 3 bei der Wahl zum Wort des Jahres. Wobei er damit eigentlich auf die Nationalratswahl 2006 anspielte, bei der die Grünen den dritten Platz erreichten – und er das Rennen darum damals als „arschknapp“ bezeichnet hatte. (Damals gab es dafür sogar den zweiten Platz bei der Wahl zum Wort des Jahres, wer erinnert sich noch?)

Erfunden hat er das Wort allerdings nicht. Das kennt man schon länger. Wie es zustande kam, ist aber nicht ganz so klar. Fix ist, dass es als pejorisierendes Erstglied in Komposita wie Arschkälte oder Arschwetter immer wieder verwendet wurde, wie es schon im Bayerischen Wörterbuch zu lesen ist. Als verstärkende Vorsilbe an Adjektiven ist vor allem „arschkalt“ bekannt. Hier gibt es die Hypothese, dass dahinter die nachlässige dialektale Aussprache von „arg kalt“ stecken könnte. Plausibel ist das nicht, denn ähnliche Begriffe wie „scheißkalt“ legen nahe, dass da durchaus mit Absicht ein Wort des Fluchens vorangestellt wurde. Insofern ist auch „arschknapp“ wohl so gemeint. Verstehen kann man das dann sowohl positiv als auch negativ – je nachdem, auf welcher Seite der 50 Prozent man steht.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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