Russland

Putin lässt Biden warten

Vladimir Putin.
Vladimir Putin.imago images/Russian Look
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Der Kreml stellt sich auf härtere Zeiten unter dem neuen US-Präsidenten ein. Gemeinsame Interessen gibt es bei Rüstungskontrolle.

Moskau. Wladimir Putin ließ sich Zeit, dem Wahlsieger Joe Biden zu gratulieren. Vor vier Jahren, als Donald Trump die US-Präsidentenwahl gewann, hatte der Kreml das Glückwunschtelegramm nach ein paar Stunden verschickt. Und auch bei anderen, weitaus umstritteneren Urnengängen – etwa zuletzt im Nachbarland Belarus – wartete Putin nicht das amtliche Endergebnis ab. Das Hinauszögern der Glückwünsche war eine willkommene Gelegenheit für den Kreml-Chef, seiner Skepsis an demokratischen Systemen und einem kompetitiven Wahlprozesses zum Ausdruck zu bringen, ohne ein Wort darüber verlieren zu müssen.

Zweifel am Wahlergebnis säten auch Kreml-nahe Medien, die von der „Selbsternennung“ Bidens sprachen. Die tagelange Stimmauszählung wurde als chaotischer Prozess porträtiert, die Freudenfeiern in den Straßen der Vereinigten Staaten als Versammlungen von „Black Lives Matter“-Aktivisten und diverser Minderheiten.

Doch abseits der propagandistischen Bilder für das heimische TV-Publikum besteht wenig Zweifel daran, dass der Kreml einen Präsident Biden akzeptieren wird, wenn auch Moskau eine zweite Amtszeit Donald Trumps wohl bevorzugt hätte.

Wenig überraschend warnen Kreml-treue Politiker wie der prominente Außenpolitiker Konstantin Kosatschow nun vor einer gesteigerten „Russophobie in Europa“ und einer „weltweiten Revanche nicht-konservativer Kräfte“. Auch die neuerliche Stärkung der Nato und eine Festigung der euro-atlantischen Bande kommen Moskau wenig gelegen. Der irrlichternde und illiberale Trump war den russischen Vorstellungen einer neuen Weltordnung um einiges näher.

Biden hat Russland als größten Feind der USA bezeichnet und Putin als „KGB-Gangster“ verspottet. Er verspricht eine kantigere Haltung gegenüber Russland als sein Vorgänger – was sich in Sachen Cyberangriffe, Menschenrechte oder im Ukraine-Konflikt auswirken könnte. Biden hat aber auch angekündigt, die Rüstungskontrolle zu einem außenpolitischen Schwerpunkt zu machen, was Moskau positiv vermerkt. Angesichts des baldigen Auslaufens des New-Start-Vertrags besteht akuter Handlungsbedarf. (som)

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