Sonderpreis Inklusion:

Petra Girardi: Ohne mein Team ginge es nicht

(C) Girardi
  • Drucken

Sonderpreis für herausragende unternehmerische Leistungen bei der Integration von Menschen mit Behinderung ins Berufsleben geht an Petra Karoline Girardi.

Dornbirn im Jahr 2010: „Wo ein Wille, da ein Weg“, denkt sich Petra Karoline Girardi und eröffnet ihr Unternehmen. Ein Unternehmen, das sich zum Vorbild in Sachen Inklusion entwickelt hat. Die Adresse Schwefel 44, das Unternehmen: eine JET-Tankstelle inmitten eines gut frequentierten Gewerbegebiets mit zahlreichen Geschäftskunden.

Eine ganz normale Tankstelle, die dennoch unter den 2733 Tankstellen Österreichs wohl eine Ausnahmeerscheinung ist. Etwas – zugegeben – pathetisch formuliert, könnte man auch von einem Leuchtturm sprechen, einem Leuchtturm der österreichischen Wirtschaft in Sachen Inklusion.

Dass dem so ist, hat in erster Linie mit der Tankstellenbetreiberin Petra Girardi zu tun. Als sie vor zehn Jahren die Tankstelle übernommen hat, war es ihr Ziel, Menschen mit Behinderung eine Chance zur Integration in die „normale“ Arbeitswelt zu bieten. Bevor sie den Sprung ins Unternehmerleben wagte, war Petra Girardi im orthopädischen Handel und im Sozialbereich beim Land Vorarlberg tätig.

Bedürfnisse und Fähigkeiten

Dass sie überhaupt auf die Idee kam eine „integrative“ Tankstelle zu betreiben, hat auch mit ihrer eigenen Lebenserfahrung zu tun. Ihr Sohn leidet an Autismus. „Nach der integrativen Beschulung meines Sohnes hat sich die Frage gestellt, wie es weitergeht, und da sind wir auf die Idee mit der Tankstelle gekommen“, erzählt sie: „Ich wollte meinem Sohn und anderen Menschen mit Autismus die Möglichkeit bieten, einer Arbeit nachzugehen, die ihren besonderen Bedürfnissen und Fähigkeiten entspricht. Eine Möglichkeit, die Girardi von der in Salzburg ansässigen JET Tankstellen Austria GmbH, mit rund 160 Tankstellen in Österreich aktuell die Nummer sieben am heimischen Markt, geboten wurde. „Hätte JET damals zu meiner Idee Nein gesagt, hätte ich die Tankstelle nicht genommen“, meint Petra Girardi. Das hat der Konzern aber nicht, und dafür ist ihm die Tankstellenunternehmerin dankbar.

Gelebte Inklusion

Heute beschäftigt Petra Girardi, die sich selbst als Mitglied des Teams sieht, sieben Mitarbeiter, vier davon sind Menschen mit Behinderung. Für die Jury des ALC–Sonderpreises ist das Unternehmen ein besonders gutes Beispiel für „gelebte Inklusion im Team“. Besonders hervorgehoben wird der „selbstverständliche und normale Umgang mit den Menschen mit Autismus, die in allen Bereichen der Tankstelle eingesetzt werden. Die individuellen Qualifikationen werden erkannt und geschätzt, der Einsatz darauf abgestimmt“, heißt es in der Jury-Begründung zur Verleihung des Sonderpreises für Inklusion.

Ein Sonderpreis, der eigentlich dem ganzen Team gebührt, denn „ohne mein eingespieltes Team ginge das gar nicht“, meint Petra Girardi. Das Team lebt vor, wie es anders gehen kann und hat damit eine Beispielwirkung auch für andere Unternehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.