"Pauschalierte" führen keine Umsatzsteuer ab. Sie müssen über ihre Verkäufe keine Aufzeichnungen führen. Das bringt unter Umständen ein nettes Zusatzeinkommen für die ohnehin hoch subventionierte Branche.
Wien (ju). Vorschläge, die Steuerpauschalierung für Landwirte zu lockern (beziehungsweise die Grenze herabzusetzen) sind in letzter Zeit von Agrarfunktionären wütend abgeschmettert worden. Hauptargument: Das würde den Bauern nur zusätzliche Bürokratie aufbürden.
Der Unwille hat aber wohl auch steuerliche Hintergründe: Rund 90 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe haben einen (im Agrarsektor extrem niedrig angesetzten und zuletzt 1988 (!) festgelegten) Einheitswert von weniger als 150.000 Euro – und sind deshalb steuerlich pauschaliert. Sie müssen über ihre Verkäufe keinerlei Aufzeichnungen führen.
Bei der Umsatzsteuer bringt das unter Umständen ein nettes Zusatzeinkommen für die ohnehin schon hoch subventionierte Branche: Bei Verkäufen an Nichtunternehmer können die Landwirte nämlich zehn Prozent Umsatzsteuer aufschlagen, bei Verkäufen an Unternehmer sogar zwölf Prozent. Sie können diese aufgeschlagene Steuer aber behalten und müssen keinen Cent an das Finanzamt abführen. Das entsprechende Gesetz sieht nämlich vor, dass die Finanz bei pauschalierten Unternehmen automatisch eine Vorsteuer in Höhe der eingenommenen Umsatzsteuer annimmt. Bei buchführenden Betrieben dürfte eine dauerhafte Kompensation der Umsatzsteuer durch die Vorsteuer dagegen schwer möglich sein.
Solche Regelungen gibt es bei der Umsatzsteuer freilich nicht nur für Landwirte, sondern auch für Kleinstbetriebe mit weniger als 30.000 Euro Jahresumsatz.
Für die pauschalierten Umsätze müssen die Betriebe – wie gesagt, neun von zehn Landwirten – weder Aufzeichnungen führen noch Steuererklärungen legen. Wobei nur noch eine Frage bleibt: Wie kann man ohne Aufzeichnungen das Einkommen ermitteln, dessen geringe Höhe die Funktionäre immer beklagen?
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2010)