Gefahrgut

Altgeräte: Heikle Lieferungen

Leuchtstoffröhren gelten als Gefahrgut und müssen mit besonderer Umsicht transportiert werden.
Leuchtstoffröhren gelten als Gefahrgut und müssen mit besonderer Umsicht transportiert werden.(c) Imago
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Elektroschrott ist von den Sammelstellen bis zu den Recycling-Anlagen oft quer durch Europa unterwegs. Das erfordert besondere Vorkehrungen beim Transport.

Brände durch Explosionen, Schadstoffe, die in die Umwelt gelangen – das alles kann bei der Entsorgung und Verwertung von ausgedienten Handys, Kühlschränken, Waschmaschinen und vielem mehr passieren. „Der erste Schritt, damit es nicht zu solchen Zwischenfällen kommt, ist die getrennte Sammlung durch die Konsumenten und die Abgabe bei den Sammelstellen“, sagt Elisabeth Giehser, Geschäftsführerin der Elektroaltgeräte-Koordinierungsstelle in Wien. Mit mehr als 2000 solcher Sammelstellen und der Rückgabemöglichkeit bei zahlreichen Händlern verfügt Österreich über eines der dichtesten Abgabenetze weltweit. Rund 133.000 Tonnen Altgeräte wurden hierzulande im letzten Jahr dem Recycling zugeführt. Die Menge wird in Zukunft weiter steigen, sagen die Experten, zumal allein im Vorjahr mehr als das Doppelte an Neugeräten auf den Markt gebracht wurde. Das stellt die Logistik hinter dem Wiederverwertungsprozess vor große Herausforderungen.

Eigene Gebinde vorgeschrieben

Dabei geht es nicht nur um Fuhrpark-Kapazitäten, die aus derzeitiger Sicht keiner Überlastung entgegensteuern, sondern vor allem um den sorgsamen Umgang mit dem Ladegut, das zunächst von den Sammelstellen zu den rund 100 im Bundesgebiet verteilten regionalen Übernahmestellen und weiter zu den Verwertern gebracht wird. „In Österreich ausschließlich auf der Straße“, weiß Petra Lehner von UFH, einem der vier heimischen Sammel- und Verwertungssysteme, in deren Auftrag Müllentsorger mit eigener Lkw-Flotte sowie Speditionen die Transporte durchführen. „Für jede Kategorie der Altgeräte sind eigene Gebinde für die Transporte vorgeschrieben“, erklärt Lehner. Kühl- und Gefriergeräte dürfen zudem nicht mit der Oberseite nach unten befördert werden, da sonst die Gefahr besteht, dass umweltschädliches Kühlmittel austritt. Bildschirme wiederum müssen in Boxen geschlichtet und dürfen nicht hineingeschüttet werden. Das Be- und Entladen von Lampen erfordert besondere Umsicht und sollte im Freien durchgeführt werden, da beim Bruch von Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen Quecksilber, das giftig ist, entweichen kann. „Solche Leuchten wurden vor vielen Jahren noch in großer Stückzahl verkauft und sind immer noch im Abfallstrom“, sagt Lehner.

Explosionsgefahr bei alten Akkus

Das größte Kopfzerbrechen bereiten jedoch Lithium-Ionen-Batterien wie sie in Mobiltelefonen, Werkzeugen, automatischen Staubsaugern und anderen Tools immer öfter zu finden sind. „Ihr Anteil an der Gesamtmenge der in Verkehr gesetzten Gerätebatterien ist in den letzten drei Jahren von 28 auf 42 Prozent gestiegen“, weiß Elisabeth Giehser. Die steirische Firma Saubermacher ist eines der wenigen österreichischen Unternehmen, die die gesamte Entsorgungskette bedienen, vom Sammelstellen-Betrieb über die Transporte bis hin zur Verwertung. Sie hat sich unter anderem – als einziger heimischer Spezialist – auf Lithium-Ionen-Akkus fokussiert. Bernadette Triebl-Wurzenberger, Leiterin der Konzernkommunikation: „Auf dem Weg zur Verwertung machen diese Geräte noch einen Zwischenstopp in unserem Werk in Premstätten bei Graz, wo die Zerlegung und die elektrische Entladung erfolgen.“ Die Lieferung ist besonders heikel, da es im Falle eines Kurzschlusses zu einem explosionsartigen Brand kommen kann. Der behutsame Transport erfolgt in Sicherheitsbehältern, in denen die Batterien durch Granulatauffüllungen geschützt sind. Die Kontaktstellen werden abgeklebt, wie Petra Lehner ergänzt. Beschädigte Akkus werden zusätzlich in Kunststoffbeutel verpackt.

Da die meisten Lithium-Ionen-Batterien der ersten Generation noch in Verwendung stehen, ist die zu entsorgende Menge derzeit relativ gering und beläuft sich laut Koordinierungsstelle auf rund 160 Tonnen im Jahr – zu wenig, um eine Recycling-Anlage in Österreich rentabel zu machen, wie Triebl erklärt. Das gefährliche Gut macht sich daher auf den langen Weg nach Bremerhaven (Deutschland), wo die Materialien recycelt werden.

Auch die Verwertung von Lampen, rund 900 Tonnen im Jahr, sowie von Bildschirmen erfolgt zum Teil im Ausland. Mit Groß- und Kleingeräten steuern die Logistiker die rund 40 Verwertungsstellen in Österreich an. Manche Altgeräte gelten als „gefährlicher Abfall“ und sind in den Begleitpapieren als solche zu kennzeichnen, sagt Lehner. Lithium-Ionen-Batterien sind ab einer gewissen Menge sogar „Gefahrgut“, sodass die Fahrzeuglenker besondere Qualifikationen vorweisen müssen.

Recycling in Österreich

Im vergangenen Jahr wurden in Österreich rund 133.000 Tonnen Elektroaltgeräte dem Recycling zugeführt – jährlich werden jedoch rund doppelt so viele Tonnen in Verkehr gesetzt. Die richtige Entsorgung von alten Elektrogeräten erfolgt in Altstoffsammelzentren, Sperrmüllsammlungen der Gemeinden, im Handel oder direkt bei Abfall- und Recyclingunternehmen. Mit 2000 solcher Sammelstellen und den Rückgabemöglichkeiten bei den Händlern verfügt Österreich über eines der dichtesten Abgabenetze weltweit. Für die Erstbehandlung bis hin zum Recycling von Elektroaltgeräten stehen in Österreich derzeit etwa 40 Anlagen zur Verfügung. (Quelle: VOEB)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2020)

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