Home Report 2021

"Hoffice" und "Home Suite Home" als Wohntrends für 2021

Yogastudio, Büro und Hotelzimmer in einem: Das eigene Zuhause musste in diesem Jahr neue Funktionen übernehmen.
Yogastudio, Büro und Hotelzimmer in einem: Das eigene Zuhause musste in diesem Jahr neue Funktionen übernehmen.(c) REUTERS (Brian Snyder)
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Wie hat sich das Coronavirus auf unser Leben in den eigenen vier Wänden ausgewirkt? Das Zukunftsinstitut möchte in seinem Home Report Antworten geben.

Dass wir in den nächsten Monaten noch mehr Zeit zu Hause verbringen werden, liegt wohl nicht nur daran, dass es schon früher dunkel und immer kälter wird. Covid-19 hat viele Bereiche unseres täglichen Lebens in unser Zuhause gedrängt. Videokonferenzen und Meetings finden plötzlich im Wohnzimmer statt, ein Treffen mit Freunden auf Skype, die Yoga-Einheit per Live-Stream, und der Sommer wurde für einen Teil der Bevölkerung auf Balkonien verbracht. Die Krise hat die Bedeutung des eigenen Wohn- und Lebensraums verändert, fasst Trendforscherin Oona Horx-Strathern im „Home Report 2021“ des Zukunftsinstituts zusammen. Ein paar der Ergebnisse im Überblick.

„Hoffice“

Die Grenzen zwischen dem privaten Raum und der Arbeit verschmelzen. Wenn aus Zuhause und Büro eins wird, ist Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gefragt. Schließlich bringe dies auch neue Herausforderungen mit sich: Ist das Internet schnell genug, der Router in Reichweite, steht ein Schreibtisch und ein Bürosessel zur Verfügung? Und ist das Arbeitsumfeld ruhig genug?

So ist das Bedürfnis nach mehr Privatsphäre stärker geworden, aber auch nach einer funktionierenden Work-Family-Life-Balance - und der dafür nötigen physischen Distanzierung vom Arbeitsplatz.

Getty Images/Maskot

Nun festigt sich zudem der Wunsch, auch in Zukunft regelmäßig Home-Office nutzen zu können, stellt die Autorin fest. „Diese Entwicklung ist gekommen, um zu bleiben", heißt es dazu inm Bericht. „Die Diskussion, ob man in Zukunft von zu Hause aus oder im Büro arbeitet, wird in naher Zukunft nicht verstummen. Wir werden künftig anders arbeiten." So gelte es nun, smarte Lösungen zu entwickeln, um dies auch durch die Gestaltung der Räume optimal zu unterstützen.

»Das Hoffice wird sich zu einem neuen Lebensstil entwickeln, für den wir viel Kreativität und Improvisationstalent an den Tag legen werden.«

Dabei sind aber nicht nur Menschen zu Hause gefragt, was Möbel, ergonomische Ausstattung oder die Änderung des Lebensstils betrifft, sondern auch Unternehmen und Arbeitgeber. Diese müssten nicht nur „Möblierung und passende Technologien, sondern auch Hilfe bei den Grundrissen" anbieten. „Hinzu kommt sogar eine psychologische und emotionale Unterstützung für diejenigen, die Schwierigkeiten bei der Anpassung haben oder bei denen die Situation Beziehungsprobleme auslöst."

„Romancing the Balcony“

Neben dem „Hoffice“ gibt es einen neuen Wohntrend: „Romancing the Balcony“. Damit ist die Neubelebung von Balkon und Terrasse gemeint. Schon während des ersten Lockdowns haben besonders jene gelitten, die weder im Besitz von Garten, Balkon noch Terrasse waren. Denn jeder verspürte plötzlich die Sehnsucht nach privatem Raum unter freiem Himmel.

Lange Zeit als Aufbewahrungsort für Gerümpel unterschätzt, wurde der Balkon vor diesem Hintergrund plötzlich als „private Outdoor-Fläche“ zum Mittelpunkt des Lebens und des Zusammenkommens. Das zeigen insbesondere Bilder aus Italien oder Spanien, in denen die ganze Nachbarschaft auf ihren Balkonen zusammenkam, musizierte und tanzte.

(c) REUTERS (Susana Vera)

Diese Wiederentdeckung, heißt es im Bericht, verschiebe den Fokus bei Wohnungssuche und Wohnungsbau, „denn jeder Mensch braucht privaten Raum unter freiem Himmel“. Auch diese Tendenz werde bleiben: „Die Nachrüstung von Balkonen und die verstärkte Nutzung privater Grünflächen im Freien sind Trends, welche die Pandemie überdauern werden.“ Dieses Bedürfnis würde aber auch die Diskussion um den öffentlichen Raum wieder neu entfachen. Oder Architekten auf den Plan rufen, innovative Balkonlösungen und -konzepte zu entwerfen.

„Home Suite Home"

Ein bisschen Hotel-Feeling in die eigenen vier Wände bringen. Das ist mit „Home Suite Home“ gemeint, einem weiteren Wohntrend für 2021. Dies ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass die Coronakrise viele Urlaubspläne durchkreuzt und zunichte gemacht hat. Auch wollen es die Menschen gemütlich haben und nehmen sich für mehr Komfort Hotelkonzepte zum Vorbild. „Sich zu Hause wohl zu fühlen war selten wichtiger als in der aktuellen Situation“, schreibt die Autorin.

Die Wohnung soll in diesem Sinne ein Rückzugsort sein, der, ähnlich wie eine Hotelsuite, multifunktional sei. Schließlich könne man dort arbeiten und entspannen, ein Spa im Badezimmer oder ein edles Dinner genießen. Die Prognose für die Zukunft? „Künftig werden wir eine neue Beziehung zu unserem Zuhause aufbauen. Es geht darum, eine neue körperliche und geistige Intimität zu entdecken."

(c) Getty Images (Kiran Ridley)

Von „Anti Trophy Kitchen" bis zu „Wellness Real Estate"

Weitere Entwicklungen und neue Trends sind in einem Extra-Kapitel zu finden, dem „Trendwörterbuch“. Denn Veränderungen wirken sich auch im Sprachgebrauch aus. „Um uns in einer sich ständig wandelnden Welt zurechtzufinden, brauchen wir Flexibilität und Kreativität in unserer Sprache. So können wir neue Ideen kommunizieren und Veränderungen in Worte fassen – und im besten Fall betrachten wir die Dinge mit Humor“, schreibt Horx-Strathern dazu.

Dazu zählt etwa das „Plant Parenting“. Das Geschäft mit den Pflanzen boome, Menschen würden sich mehr Grün und ein bisschen Natur in ihr Zuhause holen. „Immunity Boosting Homes“ meint Häuser, in denen sich gegen Infektionskrankheiten gewappnet wird - etwa durch Raumluftfilter. In einer „Anti Trophy Kitchen“ wird sich wieder auf die ursprüngliche Funktion konzentriert: auf das Zubereiten von Mahlzeiten. Und in einem „Wellness Real Estate“ soll die Luft- und Wasserqualität regelmäßig überprüft werden.

„Re-Hygge“ bezeichnet die Wiederentdeckung und Aufwertung des Heimischen. „Es geht darum, die Freude an seinen – möglicherweise bereits verstaubten und als langweilig empfundenden – Einrichtungsgegenständen wiederzuentdecken und diesen Dingen dadurch eine neue Wertschätzung entgegenzubringen." Dabei gehe es auch darum, zu verstehen, was Marie Kondo mit der Magie des Aufräumens meint: „Darin steckt die tiefe Erkenntnis, dass man
nicht nur sein Zuhause in Ordnung bringt und revitalisiert, sondern sein ganzes Leben."

„Wie wollen wir in Zukunft leben?"

Der Home Report 2021 beschäftigt sich mit Entwicklungen und Veränderungen wie den genannten, darüber hinaus gibt er einen Ausblick auf die Gestaltung resilienter Städte und alternativer Wohnmodelle.

Autorin Horx-Strathern dazu: „Was wir erlebten, ist eine Art Fast-Forward-Button für eine echte Vision, wie wir in Zukunft in unseren Häusern und Wohnungen, in unseren Vierteln, Dörfern und Städten besser leben können. Fragen wir uns also nicht, wie wir zur Normalität zurückkehren, sondern wie wir planen und bauen können, um zur neuen Normalität voranzuschreiten."

>>> Zu weiteren Ergebnissen im Home Report 2021

(bsch)

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"Arbeitswelten" vom 26. September 2020

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