Archäologie

4000 Jahre alter Apfel in Wien gefunden: Anmerkungen zu einer vielgesichtigen Frucht

Schon vor 4000 Jahren aß man in Wien Äpfel. Das zeigt ein Fund in Oberlaa: verkohlte Reste eines Holzapfels, der offenbar gedörrt werden sollte.

Man kann heiße Erdäpfel metaphorisch aus dem Feuer holen, aber auch ganz reale Äpfel. Einem Apfel in Wien-Oberlaa war das nicht vergönnt, er ist verkohlt – und zwar vor ungefähr 4000 Jahren. „Der Apfel ist halbiert und offensichtlich gedörrt worden“, sagt Marianne Kohler-Schneider, Archäobotanikerin an der Wiener Universität für Bodenkultur: „Wir kennen ähnliche Funde aus der Schweiz, wo halbierte Wildäpfelchen auf Bastschnüren aufgefädelt waren und als luftgetrocknetes Dörrobst gespeichert wurden.“

Gefunden wurden die Reste des ins Feuer gefallenen und verkohlten Apfels beim Auswaschen einer Erdprobe aus der Ausgrabung einer jungsteinzeitlichen Siedlung an der heutigen Laaerbergstraße 316. Die Siedlung stammt aus der Zeit um 2400 v. Chr., damals gab es schon Bauern im Süden des heutigen Wiens, sie bauten Einkorn, Emmer, Gerste und Hülsenfrüchte an, hielten Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen. Sie spannen und webten, hatten Kontakte mit Bauern im Karpatenbecken. Und sie wussten Äpfel zu schätzen, die sie wohl in den umliegenden Wäldern am Laaerberg und im Tal des Liesingbachs pflückten und in die Siedlung brachten, vielleicht als Vorrat für den Winter, für die Zeit, in der Vitamin C rar ist. Kultiviert hatten sie das Obst noch nicht, es handle sich mit Sicherheit um einen europäischen Wildapfel (Malus sylvestris), sagen die Forscher.

Dass die Wiener Stadtarchäologie und die Universität für Bodenkultur diesen Fund just am Mittwoch meldeten, zeugt von ihrer Voraussicht: Am zweiten Freitag im November, heuer also am 13. 11., wird seit 1973 in Österreich der „Tag des Apfels“ begangen, in der Steiermark, die gern mit ihren Äpfeln wirbt, wurde zu diesem Anlass zumindest 2019 noch eine Apfelkönigin gekürt und vom Grazer Bürgermeister empfangen . . .

Beim Dörren ins Feuer gefallen: Archäobotanikerin Marianne Kohler-Schneider mit ihrem Fundstück.
Beim Dörren ins Feuer gefallen: Archäobotanikerin Marianne Kohler-Schneider mit ihrem Fundstück.(c) BOKU ÖA/Jakob Vegh

Man könnte darüber lächeln oder bitter anmerken, dass unter der Herrschaft des Virus doch für solche Bräuche keine Zeit sei. Unsinn. Der Apfel eignet sich gerade in schweren Zeiten als Trost und Zeichen der Zuversicht. „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, soll Martin Luther gesagt haben. Der Spruch ist zwar nicht belegt, und seine Realisierung würde wohl auch so manche Glaubensfestigkeit zu hart auf die Probe stellen, aber einen Apfel essen kann man allemal in der Not.

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