Kriegsverbrechen

Kosovo: Politische Krise nach Anklagen gegen UÇK-Führer

Kosovos Ex-Präsident Thaçi vor dem Gericht in Den Haag.
Kosovos Ex-Präsident Thaçi vor dem Gericht in Den Haag. APA/AFP/POOL/JERRY LAMPEN
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Das Parlament in Prishtina muss sich auf einen neuen Staatschef einigen. Der bisherige Präsident Hashim Thaçi steht in Den Haag vor Gericht.

Den vertrauten Amtssessel musste Kosovos starker Mann Hashim Thaçi nun mit der Anklagebank vertauschen. Mit sichtlichem Widerwillen ließ der wenige Tage zuvor zurückgetretene Präsident bei seinem ersten Auftritt vor dem Kosovo-Sondergerichtshof in Den Haag zu Wochenbeginn die Verlesung der Anklageschrift über sich ergehen. Der frühere politische Anführer der kosovo-albanischen Untergrundarmee UÇK wies den Vorwurf der Verantwortung für Kriegsverbrechen wie Mord, Verfolgung und Folter während des Kosovokriegs Ende der 1990er-Jahre zurück: „Ich erkläre mich in jedem Punkt für unschuldig.“ Sein Verteidiger David Hooper spottete über das Fehlen des Organhandelvorwurfs in der Anklageschrift: „Wo findet sich denn die Anklage wegen Organhandel, die so entscheidend für die Gründung dieses Gerichtshofs war?“

Hunderte Kosovo-Serben, Roma aber auch Albaner, die der Kollaboration mit Belgrad verdächtigt wurden, sollen in UÇK-Gefangenenlagern zu Opfern schwerer Verbrechen geworden sein. Bei ihrer Beweisführung gegen Thaçi und andere frühere UÇK-Kommandanten beschränkt sich die Anklage auf knapp hundert gut dokumentierte Fälle. Der vom Europaratsberichterstatter Dick Marty 2010 erhobene, aber nicht bewiesene Vorwurf, die UÇK habe Organe von Gefangenen verkauft, wurde wohl bewusst weggelassen: Denn die Anklage braucht hieb- und stichfeste Beweise, um Thaçi die Verantwortung für Verbrechen nachzuweisen.

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