Die Stopp-Corona-App hat ein massives Image-Problem. Knapp 1,1 Millionen nutzen die Anwendung. Regierungen müssen Vertrauen in die Lösung wieder herstellen, fordern Schweizer Forscher.
Am Anfang der Corona-Pandemie setzten viele Länder auf Smartphone-Lösungen, um Infektionsketten nachverfolgen zu können. Die Apps gerieten aber schon bald ins Kreuzfeuer politischer Interessen. Für die Vertrauensbildung ein herber Rückschlag, war dieses bereits durch unterschiedliche Datenschutzkonzepte ins Wanken geraten. Acht Monate später sind die Anwendungen nahezu in Vergessenheit geraten. Schweizer Forscher fordern von Regierungen, die Apps nicht links liegen zu lassen. Erst mit genügend Nutzern könnten die Apps ihre Funktionalität erst richtig ausspielen. Dafür müssten Regierungen das Vertrauen der Bevölkerung in Corona-Warn-Apps wieder herstellen.
Der Ansatz ist nicht neu. Schon zu Beginn der ersten Welle erklärte Gerry Foitik vom Roten Kreuz: „Je mehr Personen die App nutzen, desto wirksamer ist sie“. Studien im Vorfeld zeigten, dass "Tracing-Apps" nur dann ihre volle Wirkung entfalten können, wenn sie von mehr als 50 Prozent der Bevölkerung installiert werden. Dann hilft die Technik effektiv die Ansteckungskette zurückzuverfolgen und Personen zu warnen, die einem Infizierten nahe gekommen sind.
Solange die Wirkung der Apps in den Augen weiterhin theoretischer Natur bleibt, wird sie nicht installiert, wie Alessandro Blasimme und Effy Vayena vom Fachbereich Gesundheitswissenschaften und Technologie der ETH Zürich in der Fachzeitschrift "Science" schreiben. Die Download-Zahlen der Corona-Warn-Apps bleiben laut den Forschern in vielen Staaten deutlich hinter den Erwartungen zurück. In Studien im April und Mai etwa in den USA, der Schweiz und Italien hätten sich zwischen 55 und 70 Prozent der Erwachsenen in allen Altersgruppen zur Nutzung einer Corona-App bereit gezeigt. Die tatsächlichen Nutzerquoten lagen dann aber in allen betrachteten Staaten teils deutlich unter 30 Prozent der Bevölkerung.
Eine kleine Nutzergemeinde in Österreich
In Österreich wurde die App laut Gesundheitsministerium Ende Oktober 1,1 Millionen mal runtergeladen. In Deutschland haben laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bis Anfang November 22 Millionen Menschen die App installiert, 18 bis 20 Millionen Menschen nutzen sie tatsächlich.
Schon im Mai erklärte Christian Winkelhofer im „Presse"-Gespräch, dass Vertrauen für den Erfolg der App entscheidend sei: „Die App lebt von der Anonymität. Sie weiß nicht, wer ich bin. Sobald ich Symptome habe und versorgt werden will, ist das der Absprungpunkt aus der App.“ Regelmäßig mahnt auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die App zu nutzen, um so das Contact Tracing zu entlasten und im Fall des Falles über eine mögliche Infektion zeitnah informiert zu werden. Wenig erfolgreich, wie die aktuellen Zahlen zeigen.
Wegen der außergewöhnlichen Umstände der Covid-19-Krise seien die Pläne für die Einführung der Apps vielfach ohne Einbindung der Öffentlichkeit geschehen, geben die Autoren zu bedenken. "In demokratischen Ländern führt das wahrscheinlich zum Untergraben von Vertrauen in technische Lösungen, vor allem wenn sie eine durchdringende Überwachungslogik verkörpern, die demokratischen Idealen entgegenzustehen scheint."
Abhilfe könnten deshalb Kontrollgremien für die Regelung der Apps auf nationaler Ebene schaffen, in die neben Experten auch zivilgesellschaftliche Vertreter eingebunden seien, heißt es in der Studie. Außerdem sollte die Bevölkerung besser eingebunden werden.
(Red. )