Vienna Art Week

Da steht ein Haus der Rituale in Simmering

Ganz langsam steigern sich die Gesichter des Beschwerdechors von Oliver Hangl zu grinsenden Grimassen – das Ritual des öffentlichen Lächelns persiflierend.
Ganz langsam steigern sich die Gesichter des Beschwerdechors von Oliver Hangl zu grinsenden Grimassen – das Ritual des öffentlichen Lächelns persiflierend.(c) Hangl
  • Drucken

Als Schatten seiner selbst musste das Festival online gehen. In zehn Tagen nur digitalisierte man das Programm. Ausstellung inklusive.

Da steht ein Geisterhaus in Simmering. Verlassen ist es, nur abgewrackte Ruine eines kleinbürgerlichen Idylls. Von der Straße aus nicht einmal zu sehen, versteckt hinter der grellen Front eines Nagelstudios. Es kann nicht betreten werden. Die feine Ausstellung, die sich hier eingehaust hat, existiert nur virtuell. Per Video, ab kommendem Montag. Die Vienna Art Week, das Wiener Kunstfestival, das diesen Herbst zum 16. Mal stattfindet, trifft mit seiner diesjährigen Sonderschau mitten ins Herz einer Kunstszene, die nicht erscheinen darf, nur scheinen, im Internet. Das „Haus der Rituale“, so der Titel, als Fata Morgana dessen, was uns fehlt, was uns Einzelne zur Gemeinschaft werden lässt.

Der letzte Rest einer ehemaligen Notkirche, der hölzerne Torbogen, steht nicht von ungefähr hier im engen Vorgarten. Reinhold Zisser verwendet seit Jahren diese hölzerne Kriegskirche als Material, widmete sie in der Seestadt zur Notgalerie um, zerlegte sie zuletzt in ihre Einzelteile. Jeder, der einen Verwahrungsvertrag unterschreibt, darf ein nummeriertes Stück dieses nüchternen Weihetempels, erst der Kirche, dann der Kunst, nach Hause nehmen. „Ich werde nicht dulden, dass ihr mich alleine lasst“: Dieses Zitat von Jörg Immendorf stellt Zisser als Motto darüber (Infos: notgalerie.at). Ein Trost?

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.