Pröll: „So ein Paket hat Österreich noch nicht gesehen“

Pröll: „So ein Paket hat Österreich noch nicht gesehen“
Pröll: „So ein Paket hat Österreich noch nicht gesehen“VP-Vizekanzler Josef Pröll im Interview mit "Der Presse" (c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Josef Pröll, ÖVP-Obmann und Finanzminister, im „Presse“-Interview über das „Megaprojekt“ Budgetsanierung, die Bedeutung des Christlich-Sozialen, den „intoleranten“ Islam und das Gute an der Wehrpflicht.

ÖVP-Chef Josef Pröll (rechts) im Interview mit
ÖVP-Chef Josef Pröll (rechts) im Interview mit "Presse"-Redakteur Oliver Pink (c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
ÖVP-Chef Josef Pröll (rechts) im Interview mit
ÖVP-Chef Josef Pröll (rechts) im Interview mit "Presse"-Redakteur Oliver Pink (c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
VP-Vizekanzler Josef Pröll im Interview mit
VP-Vizekanzler Josef Pröll im Interview mit "Der Presse" (c) Die Presse (Michaela Bruckberger)

Zur Person

„Die Presse“: Würden Sie auch eine eidesstattliche Erklärung unterschreiben, dass das 13. und 14. Monatsgehalt steuerlich nicht angetastet wird?

Josef Pröll:
Ich habe ein ganz klares politisches Bekenntnis abgelegt, dass wir das 13. und 14. Monatsgehalt nicht angreifen und keine Erhöhung vornehmen. Das ist meine klare Botschaft.


Ihr Parteikollege, der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer, meint: „Diejenigen, die mehr haben, müssen eben mehr leisten. An der Reichensteuer führt daher kein Weg vorbei.“ Sehen Sie das auch so?

Pröll:
Für mich gilt bei diesem Megaprojekt, der Sanierung Österreichs, ein Grundsatz: Es muss ein ausgewogenes Paket sein, bei dem jeder seinen Anteil zu leisten hat, alle Gesellschaftsschichten – auf der Sparseite und auf der Einnahmenseite.



Was soll die ÖVP unter Ihrer Führung denn nun eigentlich sein? Eine Wirtschaftspartei? Eine christlich-soziale Partei?

Pröll:
Das eine schließt das andere nicht aus. Es war immer die Stärke der Volkspartei, dass wir die unterschiedlichen Strömungen integriert haben. Das ist überhaupt die Grundanforderung an einen ÖVP-Obmann, dass man sich dieser Wurzeln bewusst ist, die zwar zum Teil in einem widerstrebenden Wettbewerb miteinander stehen, die uns aber auch stark machen, um mehrheitsfähig zu werden. Würde ein Teil wegfallen, wäre das ein schwerer Schlag für die ÖVP. So gesehen ist der christlich-soziale Teil mit dem klaren Leistungs- und Wirtschaftsbekenntnis zu kombinieren. Dass es da manchmal auch Brösel geben kann – okay.


Aber schadet es nicht dem Image der Wirtschaftspartei ÖVP – ein Ruf, den die Volkspartei einmal hatte, zum Teil noch hat –, wenn nun die Leistungsträger geschröpft werden sollen?

Pröll:
Es wird keine einseitige Schröpfung und Bestrafung der Leistungsträger geben. Nicht mit uns. Aber es wird sich auch keiner der Leistungsträger bei der Sanierung des Landes auf die Seite stellen können. Das ist christlich-soziales Grundverständnis. Im Gegensatz zu jenen die sozialistisch denken, zu jenen, die andere, die wirklich etwas leisten, an die Kandare nehmen wollen. Wir Christlich-Sozialen wollen Leistungsträger auch mitbeteiligen, aber nicht allein, nicht über Gebühr.


Wie wollen Sie das Budget nun konkret sanieren?

Pröll:
Wir werden nach dem durchaus erfolgreichen Krisenmanagement nun das Herzstück der Regierungsarbeit zu erledigen haben: das Budget, das Sanierungspaket, die Verwaltungsreform. Da wird es eine Reihe von Maßnahmen geben. So ein Paket hat Österreich seit 1945 noch nicht gesehen. Über den Sommer haben bereits die technischen Vorbereitungsarbeiten stattgefunden. Und die Details werden wir dann in den nächsten Monaten vorlegen. Ziel ist es, dass das Gesamtpaket ab 1. Jänner 2011 wirksam wird.



Auch von einer „Wasserabgabe“ ist mittlerweile die Rede.

Pröll:
Es gibt keine solchen Pläne für eine Wasserabgabe.


Wieso ist die Budgetrede nicht vor Dezember möglich?

Pröll:
Die Maßnahmen werden wir durchaus schon früher der Öffentlichkeit bekannt geben, so bald wir so weit sind – und dies wird dann auch begutachtet. Dafür muss auch ausreichend Zeit sein.


Werden auch die Förderungen für die Bauern durchforstet?

Pröll:
Auch Niki Berlakovich hat klare Sparvorgaben. Ob das dann direkt bei den Bauern passiert oder in der Verwaltung, liegt im Ermessen des Landwirtschaftsministers.


Eine Erhöhung der Grundsteuer wird es aber nicht geben?

Pröll:
Nein, es gibt keinen Anlass dafür, darüber nachzudenken. Weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass die Menschen, die Lohn- und Einkommensteuer für ihre Arbeit entrichtet haben, nicht noch einmal belastet werden sollen.


Und der Einheitswert, der seit zwanzig Jahren nicht mehr erhöht wurden?

Pröll:
Ich denke, dass dieser durchaus im Lot ist. Es gibt auch Regionen, in denen der Einheitswert nach 20 Jahren zu hoch ist, weil die Erträge und Erlöse so stark zurückgegangen sind.

Ist die Bankenabgabe ab 2011 fix?

Pröll:
Aus meiner Sicht ist sie fixer Bestandteil des Sanierungskonzepts.


Sollen Lehrer zum Zwecke der Budgetkonsolidierung länger arbeiten müssen, wie der Bundeskanzler dies vorgeschlagen hat?

Pröll:
In der ganzen Bildungsdebatte ist jetzt schön langsam ein Zeitpunkt erreicht, wo man ein bisschen aufpassen muss. Einzelvorschläge bringen uns nicht zum gewollten Ziel. Das mag punktuell populär sein, damit landet man aber nicht den großen Wurf.


Länger arbeiten – ja oder nein?

Pröll:
Wir werden die Lehrer so beurteilen wie die Beamtenschaft, was Lohnerhöhungen betrifft. Man sollte die Lehrer aber nicht immer als Feinbild stammtischtauglich herauskitzeln. Lehrer sind ein wichtiger Eckpfeiler für die Bildung unserer Zukunft. Dass die Lehrer bereit zu Diskussionen sind, haben sie bei der Streichung von 100 Millionen Euro an Zulagen bewiesen. Wer hätte das vor zwei Jahren für möglich gehalten?


Ihr Onkel Erwin Pröll ist der Meinung, mit der Regierungsspitze ausgemacht zu haben, dass die Länder künftig für die Lehrer zuständig sind – was die Bildungsministerin bestreitet. Wie ist das nun wirklich?

Pröll:
Ja, ich habe mit ihm sehr intensiv über diese Frage beraten. Und ich bin bereit, die Debatte offensiv zu führen, dass man dieses Bund-Länder-Schulsystem entflechtet. Es gibt Landeslehrer, die von den Ländern angestellt werden, und der Bund zahlt dafür. Da ist die Frage mancher Länder durchaus legitim: Warum nicht gleich alle Lehrer in die Verantwortung der Länder? Gleichzeitig müssen aber auf Bundesebene Bildungsqualität und Bildungsziele zentral organisiert werden. Einen Fleckerlteppich in der Bildung darf es nicht geben. Für mich als Finanzminister ist klar: Wie immer die Lösung ausschaut, das Gesamtsystem muss besser und effizienter werden, laufendes Controlling ist dabei unverzichtbar.


Schweden hat es bereits getan, Deutschland ist gerade dabei – soll die Wehrpflicht auch in Österreich abgeschafft werden?

Pröll:
Es gibt keinen Anlass, über die Abschaffung der Wehrpflicht nachzudenken. Ich persönlich halte viel davon – auch demokratiepolitisch –, dass Jugendliche Wehrdienst oder Zivildienst leisten sollten. Ich halte das für einen guten Dienst am Staat und der Gesellschaft und sehe keinen Grund, in ein teureres Berufsheer auszuweichen.


Sie sind mit Karl-Heinz Grasser drei Jahre lang gemeinsam in einer Regierung gesessen. Was halten Sie von ihm?

Pröll:
Ich als damaliger Landwirtschafts- und Umweltminister hatte mit ihm harte Auseinandersetzungen um die Budgeterstellung. Es war heftig, aber fair.


Trauen Sie ihm zu, dass er als Finanzminister Privatisierungen zu seinem persönlichen Vorteil genutzt hat?

Pröll:
All diese Fragen muss die Justiz klären. Wenn dann noch politische Fragen offenbleiben, sind auch die auf Punkt und Beistrich zu klären. Für eine persönliche Einschätzung kenne ich Grasser dann aber doch zu wenig.


Anas Schakfeh, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, möchte à la longue eine Moschee mit Minarett in jeder Landeshauptstadt. Wie stehen Sie dazu?

Pröll:
Ein klares Nein zur Zwangsverpflichtung zur Errichtung von Moscheen und Minaretten. Ja zum Dialog. Der Islam wird von vielen als intolerant, als aus- und abgrenzend erlebt. Es wäre die Hauptaufgabe der Islamischen Glaubensgemeinschaft, hier entgegenzuwirken, den Islam als offen und tolerant zu positionieren. Und nicht die Religionsfreiheit in Österreich überzustrapazieren.


Wie erholen Sie sich von der Politik?

Pröll:
Es waren harte Monate, die hinter mir liegen. Das war schon sehr anspruchsvoll. Ich war jetzt zwei Wochen auf Urlaub, in Jesolo Pineta. Es ist mit erstmals seit längerer Zeit gelungen, das Handy tageweise auszuschalten und mir den Luxus zu gönnen, österreichische Zeitungen nur am Zeitungsstand an mir vorbeiziehen zu lassen.

■ Josef Pröll, geboren am 14. September 1968 in Stockerau, ist seit November 2008 Obmann der ÖVP und seit Dezember 2008 Vizekanzler und Finanzminister.

Davor war der studierte Agrarökonom Landwirtschafts- und Umweltminister (seit 2003); er war Direktor des Wiener Bauernbundes, Kabinettschef von Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer und Direktor des Österreichischen Bauernbundes.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25. August 2010)

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