Die Coronamaßnahmen schränken besonders das Nachtleben ein. Wieso trifft das unsere Kultur so? Warum machen wir so gern die Nacht zum Tag? Über Saurier, Gaslicht und Rock'n'Roll: ein Streifzug durchs Dunkle.
Geschichten des Jahres. Dieser Artikel ist am 14. November 2020 erschienen.
Jetzt ist er schon fast zwei Wochen alt, der zweite Lockdown, er ist – bisher – weniger streng als der erste, aber er hat eine eindeutige Tendenz: Er beschränkt vor allem nächtliche Aktivitäten. Warum trifft uns das so? Was macht die Nacht so besonders? Wäre es nicht am besten (und energiesparender), die dunklen Stunden einfach schlafend zu verbringen?
Dass wir so gern die Nacht zum Tag machen, hat zwei Wurzeln: eine uralte, biologische, quasi rückschrittliche, und eine moderne, kulturelle. Die uralte ist: Wenn wir nachts aufbleiben, machen wir's wie unsere Säugetierahnen vor Hunderten Millionen Jahren. Sie waren klein, unscheinbar – und nachtaktiv. Denn am Tag regierten die Dinosaurier. Sie konnten ihre Körpertemperatur nicht so gut regulieren wie die Säugetiere, nächtliche Kälte machte sie starr oder zumindest träge. So blieb die Nacht den Säugern als zeitlicher Freiraum, und sie nützten ihn.