Was im Sinne der Logik als richtig erschien, war in der täglichen Kommunikation undenkbar.
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Sehr geehrte Herrin!

Ich werde als „Frau“ angesprochen – und fast ebenso häufig ist meine Antwort an einen „Herrn“ adressiert. Aber bin ich nicht ebenso eine Dame wie meine Gesprächspartner Herren sind? Eine linguistische Entdeckungsreise.

Hallo Frau Schrattenecker . . .“, flirrte es mir zum wiederholten Mal an diesem Morgen vom Monitor entgegen. Warum nur empfand ich diese Anrede heute als etwas unhöflich? Einige Antwort-E-Mails mit dem beginnenden Wortlaut „Sehr geehrter Herr . . .“ später, schlug schließlich in mein Denken ein, was allgemein als Geistesblitz bezeichnet wird: Elfmal wurde ich schon als „Frau“ angesprochen und fast ebenso häufig war meine Antwort an einen „Herrn“ adressiert gewesen. Aber, war ich nicht ebenso eine Dame wie meine Gesprächspartner Herren waren? Und warum entstand diese Diskrepanz in der Anrede im Plural eigentlich nicht? „Sehr geehrte Damen und Herren . . .“ heißt es bekanntermaßen und ganz selbstverständlich im deutschen Wortgebrauch.

Dass sich Sprache konstant wandelt, dynamisch wachsend, sich ausweitend und rückbildend ist, das führte mir meine Entdeckung einmal mehr vor Augen. Denn, was mit „Sehr geehrte Dame“ in der unspezifischen Anrede zweifelsfrei funktionierte, schien in der direkten Anrede derselbigen weiblichen Adressatin eher unzeitgemäß, ja sogar exzentrisch: „Sehr geehrte Dame Schrattenecker“, oder gar „Hallo Dame Schrattenecker“ hörte sich falsch an. Das Problem begann mich zu faszinieren. Was im Sinne der Logik als richtig erschien, war in der täglichen Kommunikation undenkbar.

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