Die Politik muss in den kommenden Wochen (er)klären, wie es nach der Vollbremsung weitergehen soll. Denn auf die Dauer ist Alternativlosigkeit keine Alternative.
Man muss zuwarten, bis die Lage ernst ist. Nur dann machen die Menschen mit. Unter dem Motto näherten sich Türkis und Grün (also eigentlich vor allem von Grün und den Bundesländern) dem zweiten Lockdown an. Das Problem dabei war allerdings: Schlimm ist es für viele erst, wenn es sehr schlimm ist. Und dann ist es sehr spät. Vielleicht liegt es ja an der dramatischen Politik-Rhetorik vom März, dass die Menschen Statistiken und Prognosen so lang abprallen lassen. Erst wenn die nahende Katastrophe (vulgo Überlastung des Gesundheitssystems) abends ins Wohnzimmer flimmert, schreckt man auf.
»„Der Prä-Lockdown-Shopping-Marathon ist ähnlich sinnvoll wie die Halloween-Party."«
Und so steht das Land wieder vor der Vollbremsung, die man vermeiden wollte: Schulen (fast) zu, Handel (fast) zu, ganztägige Ausgangsbeschränkungen. Der Medium-Lockdown hat nicht gereicht. Alternativen sind leider rar gesät, denn um in der Bilderwelt des Spitals zu bleiben: Mit dem Land verhält es sich wie mit einem Herzinfarkt-Patienten. Man kann lang darüber reden, was er hätte alles anders machen müssen. Aber was hilft das im Akutfall? (Wobei es auch nichts hilft, wenn der Patient schnell noch eine Torte isst, während die Rettung unterwegs ist. Denn dass halb Österreich am Prä-Lockdown-Samstag zum Shopping pilgerte und manche Geschäfte mit extra Rabatten lockten, ist ähnlich sinnvoll wie die Last-Minute-Halloween-Feiern vor zwei Wochen).