ATP Finals

Alexander Zverevs verrücktes Tennisjahr

Alexander Zverev musste sich 2020 auch abseits des Tennisplatzes viele Gedanken machen.
Alexander Zverev musste sich 2020 auch abseits des Tennisplatzes viele Gedanken machen.APA/AFP/ANNE-CHRISTINE POUJOULAT
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Für den 23-jährigen Deutschen ist London der Schlusspunkt einer Saison mit vielen Höhen und Tiefen – und jeder Menge Ärger abseits des Platzes. Dennoch spielt er besser denn je, vor allem dank Trainer David Ferrer.

London. Ein wechselhaftes und emotionales Tennisjahr geht für Alexander Zverev dieser Tage bei den ATP Finals zu Ende. Ein Jahr vor allem mit privatem Wirbel, für den der aktuelle Weltranglistensiebente aus Hamburg zuletzt stärker denn je in die Kritik geraten ist.

Das bisher letzte Kapitel sind die Vorwürfe seiner Exfreundin Olga Scharipowa, die detailliert schildert, wie Zverev sie psychisch und körperlich misshandelt habe. „Unbegründet“ und „einfach nicht wahr“, bekräftigte der 23-Jährige vor seiner heutigen Auftaktpartie in London gegen Daniil Medwedew (21 Uhr, Sky). „So bin ich nicht.“ Doch der Ärger abseits des Platzes schadet seinem Image, das ohnehin schon angekratzt war.

Mitten in der Coronakrise war Zverev bei der fatalen Adria Tour mit Verstößen gegen Hygiene-Empfehlungen aufgefallen. Danach war ein Party-Video mit ihm, ohne zeitliche Zuordnung, im Internet aufgetaucht, obwohl er sich in Quarantäne begeben wollte. Vor Monaten war der Jungstar bei einer Pressekonferenz bei einer unangenehmen Frage einfach aufgestanden, vor den ATP Finals las er nun stockend aus einer Stellungnahme vor. Als Kommunikationsberater hat sich Zverev Béla Anda an die Seite geholt, einen Krisenexperten und früheren deutschen Regierungssprecher. Er entschuldige sich aufrichtig, dass sich der Fokus weg vom Sport verschoben habe, sagte Zverev.

Trotz all der Turbulenzen wirkt Zverev momentan mental gefestigt und spielerisch auf der Höhe. Seine Wutausbrüche tendieren in dieser coronabedingt ausgedünnten Saison, in der Zverev in vielerlei Hinsicht gereift ist, gegen null. In Paris-Bercy erreichte er das Finale, er besiegte unter anderen den French-Open-Champion Rafael Nadal. Zuvor gewann er gleich beide kurzfristig angesetzten neuen Turniere in Köln. Als Australian-Open-Halbfinalist und US-Open-Finalist (Niederlage gegen Dominic Thiem) erreichte er beinahe die letzten Stufen auf dem Weg zum ersten Grand-Slam-Titel.

Dass er nach der Coronapause derart eindrucksvoll spielt, hat mit seinem neuen Trainer, David Ferrer, zu tun. Die Verpflichtung des Spaniers ist einer der positiven Aspekte von 2020. „Es ist die Intensität unseres Trainings, die besonders ist“, erklärte Zverev. „Dabei geht es um die Art und Weise, sich optimal zu bewegen, Besonderheiten bei der Vorhand oder auch um die Platzierung der Füße. Sehr allgemein gesagt hat David Ferrer die Gabe, Tennis auf besondere Art und Weise zu sehen.“

Für Novak Djoković zählt Zverev in London zu den Favoriten. „Zverev und Medwedew sind wahrscheinlich von allen Spielern, die wir hier haben in diesem Turnier, in der besten Form“, meinte die Nummer eins der Welt.

Nachdem Zverev vor zwei Jahren in London triumphierte – sein bisher größter Karriere-Erfolg – folgte eine mäßige Saison 2019. Die Gründe? Die lagen einmal mehr am Wirbel abseits des Platzes, unter anderem am Streit mit Ex-Manager Patricio Apey. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2020)

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