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Generation Lockdown

Generationen ohne Lockdown-Erfahrungen gelten gemeinhin als verlorene Generationen.

Viele Menschen in diesem Land erleben nun schon ihren zweiten Lockdown. Das ist mehr als viele Generationen davor erlebten. Solche Generationen ohne Lockdown-Erfahrungen gelten gemeinhin als verlorene Generationen. Ihnen fehlen wertvolle Erfahrungen: Wenn auf einmal „Dancing Stars“ abgebrochen wird oder es keine Germ mehr gibt. Das „Virologische Quartett“ halten sie für ein Kartenspiel. Künftige Generationen werden beim Anblick alter Bilder von Christian Drosden glauben, es habe sich dabei um einen alternden Britpop-Star gehalten. Oder um den Chefredakteur eines Magazins für politisch korrektes Savoir vivre für die jung gebliebene, urbane Elite, das kaum jemand gelesen hat.

Die Menschen im aktuellen Lockdown beschäftigen vielmehr profanere Fragen. Etwa jene, wen sie jetzt noch treffen dürfen, sofern sie überhaupt noch jemanden treffen wollen. Das wurde, wie es sich für einen richtigen Lockdown eben gehört, etwas komplizierter geregelt. Unsere Rechtsabteilung ist nach stundenlanger Verordnungsexegese zu folgender Interpretation gekommen: Treffen darf man jemanden, mit dem man in seiner bisherigen Lebenssituation auch schon regelmäßigen Umgang hatte.

Trifft also Bundeskanzler Sebastian Kurz Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker – dann kommt die Polizei!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2020)

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