Sonderpreis Inklusion:

Ulrike Retter: „Ich wurde noch nie enttäuscht“

(C) Retter
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Sonderpreis für herausragende unternehmerische Leistungen bei der Integration von Menschen mit Behinderung ins Berufsleben geht an die Retter Hotel GmbH.

Der Ursprung des Bio-Natur-Resorts Retter in Pöllauberg reicht zurück bis ins Jahr 1886. Aus dem einst kleinen Bauernhof entstand im Laufe von Jahrzehnten das heutige Hotel-Resort mit angeschlossenem Bio-Gut, das seit 1993 von Ulrike und Hermann Retter geleitet wird.

Ein Hotel, das bereits 17 Mal zum besten Seminarhotel Österreichs gekürt wurde, ein Hotel, in dem sich alles um das Wohlbefinden der Gäste dreht, ein Hotel, in dem Herzlichkeit und Wärme ein Zuhause gefunden haben, oder wie es die Jury von Zero Project und der Essl Fondation in ihrer Begründung zur Vergabe des Sonderpreises Inklusion formuliert: „Mit Herz und Engagement werden bereits seit vielen Jahren in intensiver Zusammenarbeit mit lokalen Support-Organisationen Menschen mit Behinderung Chancen zur Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt geboten.“

Eine Herzlichkeit, die auch im Telefonat mit Ulrike Retter spürbar wird. Vor allem dann, wenn sie über ihre behinderten Mitarbeiter erzählt: „Das sind Menschen mit ganz viel Tiefgang. Mitarbeiter, die menschlich für das Team eine echte Bereicherung sind. Jeder Betrieb, der solche Mitarbeiter einsetzt, wird am Ende reich beschenkt“, meint die Firmenchefin: „Ich wurde noch nie enttäuscht.“

Kein Nachteil

Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist die Inklusion von Menschen mit Behinderung kein Nachteil, zumal man sich die Ausgleichstaxe erspart und ab und zu auch Förderungen bekommt. Was den Einsatzbereich der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen betrifft, noch ein Satz aus der Begründung der ALC-Jury: „Das Top-Hotel zeigt, dass in vielen Bereichen Menschen mit Behinderung einsetzbar sind.“

Dass sich die Firmenchefin derart für Integration engagiert, hat auch ein wenig mit ihrer Kindheit zu tun. „Ich komme ursprünglich von einer Landwirtschaft, in meinem Elternhaus lebten immer Menschen, die vom Leben benachteiligt wurden. Die waren bestens eingebettet, haben zur Familie gehört.“ Apropos vom Leben benachteiligt: Der Begriff Inklusion ist für die Hotelierin noch breiter gefasst. So beschäftigt das Unternehmen seit rund einem Monat einen weiblichen Lehrling aus Somalia, die derzeit aufgrund des Lockdowns allerdings nicht vor Ort ist: „Für uns hier am Land ist das auch eine Chance zur Horizonterweiterung.“

Last but not least hat es sich die Firmenchefin zur Aufgabe gemacht, Jugendlichen, die es in der Schule und/oder im Leben nicht besonders leicht hatten, eine Chance zu geben. Eine Chance, die diese auch nutzen und ob ihrer direkten, ehrlichen Art mitunter auch für ein Schmunzeln bei der Firmenchefin sorgen. Beispiel dafür ist folgender Dialog mit einem ihrer Lehrlinge: „Das hast aber gut gemacht, heut‘ warst sehr brav.“ „Sie aber auch Frau Retter.“ „Wann bekommt man schon ein solches Lob“, meint Ulrike Retter mit einem Augenzwinkern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2020)

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