"Presse"-Gespräch

Verdächtige nach Anti-Terror-Razzia: „Habe mit der Hamas nichts zu tun“

Bei der Razzia gegen mutmaßliche Mitglieder der Muslimbruderschaft und der Hamas wurde auch das Haus von Frau T. gestürmt. Der „Presse“ erzählt die 67-Jährige, wie sie dies erlebte.

Die Spuren der groß angelegten Anti-Terror-Razzia vom 9. November sind unübersehbar. Die gläserne Eingangstür zu dem kleinen Einfamilienhaus in der Donaustadt ist eingeschlagen. „Das war die Polizei“, sagt Frau T. Mehr als ein Dutzend schwer bewaffnete Polizisten seien in aller Früh da gewesen. Ihr Domizil – T. lebt alleine – sei gründlich durchsucht worden. Sie selbst sei mitgenommen und stundenlang verhört worden.

Das ist in etwa die Kurzfassung jener Geschehnisse, die sich im Rahmen der Operation „Luxor“ aus Sicht von Frau T. zugetragen haben. Die 67-Jährige Witwe und vierfache Mutter stammt aus dem Libanon und lebt seit Jahrzehnten in Österreich. Sie ist eine von 30 Verdächtigen, die im Rahmen der gegen die Muslimbruderschaft und die palästinensische Terrororganisation Hamas gerichteten Großrazzia sofort zur Einvernahme vorgeführt wurden. 930 Polizisten waren an der gesamten Aktion beteiligt. In vier Bundesländern gab es 60 Hausdurchsuchungen.

Die Vorwürfe wiegen schwer: T. soll Mitglied einer terroristischen Vereinigung – ebenso einer kriminellen Organisation, nämlich der Hamas, sein. Ihr wird Terrorfinanzierung und die Unterstützung einer staatsfeindlichen Verbindung vorgeworfen. Im Gespräch mit der „Presse“ erklärt T., sie verstehe die Welt nicht mehr. Ihr Vertrauen in die österreichischen Behörden sei tief erschüttert. Und vor allem: „Die Vorwürfe sind überhaupt nicht wahr.“

Der Verdacht ergibt sich, weil T. Obfrau eines Hilfsvereins ist. Diesen gibt es in Österreich schon seit elf Jahren. Gleichartige und gleichnamige Vereine gibt es in mehreren Ländern.

8000 Euro am Vereinskonto

Laut T. besteht der Vereinszweck unter anderem darin, Frauen zu unterstützen, die nach Österreich zuwandern. In Treffen, die regelmäßig im Vereinslokal im 2. Bezirk stattfinden, werde den Frauen alles mögliche erklärt – von Behördenwegen bis hin zur gesunden Ernährung. „Und unser Angebot richtet sich nicht nur an muslimische Frauen“, sagt T. Nicht mehr als 8000 Euro würden am Konto des Vereins liegen. Die Mittel würden durch Spenden und durch finanzielle Zuwendungen aus dem in Istanbul angesiedelten Mutterverein kommen.

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