Analyse

Die Grünen auf Abwegen

Rebellion in Wien, in der Defensive im Bund: Die Grünen sind dennoch recht entspannt – weil der Wähler offenbar anders tickt als der Funktionär.

Anti-Terror-Paket, Lockdown II mit Schulschließungen, Ende der abschlagsfreien Hacklerregelung: Die Regierungspolitik, mitgetragen von den Grünen, entsprach zuletzt so gar nicht dem grünen Markenkern. „Präventivhaft“ im Maßnahmenvollzug? Fußfesseln für Gefährder, die ihre Strafe abgesessen haben? Passt wohl eher zu einer Law-and-Order-Partei wie der ÖVP als zu den Grünen. Auch wenn man das nicht mit einer Sicherungshaft für Asylwerber verwechseln darf, gegen die sich die Grünen bisher erfolgreich gewehrt haben.

In der Streitfrage Schulschließungen setzte sich am Ende Kanzler Sebastian Kurz durch (auch gegen ÖVP-geführte Bundesländer). Die Grünen reklamierten als Erfolg für sich, dass Kindergärten und Pflichtschulen immerhin für Betreuungszwecke geöffnet blieben. Die Reform der Hacklerregelung wiederum wurde frauenpolitisch gerechtfertigt: Mit dem „Frühstarterbonus“ werde das Pensionssystem „fairer und geschlechtergerechter“, sagte Klubchefin Sigrid Maurer.

Gleichzeitig wurde in Wien eine Frau recht brüsk abmontiert, Birgit Hebein nämlich, mit der die Grünen erst im Oktober das beste Gemeinderatswahlergebnis ihrer Geschichte geholt hatten. Klubobmann im Rathaus wird David Ellensohn, die nicht amtsführenden Stadtratsposten gehen an Peter Kraus und Judith Pühringer. Ob Birgit Hebein Landessprecherin bleibt, wird sich weisen.

Wie passt das zu einer Partei, die sich auch über ihre Frauenpolitik definiert?

Nicht sonderlich gut, darin dürften sich alle einig sein. In den Bundesländern schüttelten viele Grüne am Mittwoch nur den Kopf, während sich an der Wiener Basis Widerstand regte. Ihre Kritiker aber machen Birgit Hebein für das Ende von Rot-Grün verantwortlich: Man hätte das Verhältnis zu Bürgermeister Michael Ludwig auch anders gestalten können, argumentieren sie.

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