Kritik

Ein Essay, der für Aufsehen sorgt: Ehemalige beste Freundin über Ivanka Trump

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In einem Essay in der „Vanity Fair“ beschreibt die Journalistin Lysandra Ohrstrom ihre lange und enge Freundschaft mit Ivanka Trump - und das alles andere als schmeichelhaft.

„Wir haben uns in einer Mädchenschule auf der Upper East Side kennengelernt und waren mehr als ein Jahrzehnt unzertrennlich. Aber allmählich teilten sich unsere Ansichten und Interessen; die Differenzen zwischen uns waren bald unüberbrückbar.“ Ein am Dienstag veröffentlichter Essay in der Zeitschrift „Vanity Fair“ sorgt für Aufsehen. Verfasst wurde er von der Journalistin Lysandra Ohrstrom, die darin über ihre langjährige und enge Freundschaft mit Ivanka Trump erzählt - und macht darin deutlich, wie sehr ihr die Trump-Politik zuwider ist.

Die beiden haben sich in der Mittelschule in Chapin, Manhattans Elite-Mädchenschule auf der Upper East Side, kennengelernt. Unzertrennlich waren die beiden, beschreibt Ohrstrom, unternahmen Abenteuer, gingen auf Reisen, rebellierten und verstießen gegen Regeln. „Sicher, sie liebte es, über sich selbst zu sprechen und war schamlos eitel, aber sie war auch lustig, treu - und ehrlich gesagt ziemlich aufregend“. Auch nach dem College waren sie sich noch nahe - „doch dann, im Jahr 2009, kurz nachdem ich als eine von zwei Trauzeuginnen bei Ivankas Hochzeit war, zerbrach unsere Freundschaft schließlich unter dem Gewicht unserer Differenzen“.

„Intellektueller Ableger der Marke Trump"

Dafür verantwortlich war hauptsächlich Ivankas Vater, Donald Trump, seine Gesinnung, seine Einstellung, seine Politik. Dutzende Presseanfragen hätten sie erreicht, als er seine Kandidatur ankündigte, erzählt Ohrstrom. Sie ignorierte sie, im Glauben, er hätte keine Gewinnchance. „Als Ivanka dann Mitarbeiterin ihres Vaters wurde, war ich mir sicher, dass sie eingreifen würde, um die regressiven und rassistischen Tendenzen ihres Vaters zu mildern“. Nicht unbedingt aus moralischem Engagement heraus, „aber kleine Kinder einzusperren und globale Klimaabkommen zu zerreißen kommt im Kreise der internationalen Regierungschefs nicht so gut an."

„Die Ivanka, die ich kannte, verbrachte ihre gesamte Karriere damit, einen polierten und intellektuelleren Ableger der Marke Trump zu entwickeln und zu verkörpern.“ Die Sprache und das Aussehen des weißen Feminismus der 2000er Jahre sollte mit der mythischen Erzählung des Geschäftssinnes und des Unternehmergeistes verbunden werden, den sie angeblich von ihrem Vater geerbt haben wollte. „Ihr Ziel war immer, eine raffiniertere Art von Berühmtheit zu erlangen, als die bombastische, neureiche Sorte, die ihr Vater perfektioniert hatte" - die Art, die es ihr ermöglichte, von Stars und Milliardären zu Dinner und Urlaub eingeladen zu werden, aber auch, um gleichzeitig von bürgerlichen Hausfrauen als „Frau, die arbeitet" angehimmelt zu werden.

Hart erarbeitetes Image zerstört

Doch stattdessen habe Ivanka das Image verwüstet, das sie sich so hart erarbeitet hatte. Ohrstrom erzählt in ihrem Artikel davon, dass ihre pro-palästinensische Haltung bald mit jener von Ivankas neuem Partner, Jared Kushner aufeinanderprallte, von ihrer arabischen Halskette, an der sich Ivanka störte - „weil sie förmlich 'Terrorist' schreie“, von abfälligen Kommentaren seitens Ivanka gegenüber „armen Leuten“, Meinungsverschiedenheiten, und auch von „Mr. Trump“, der regelmäßig das Aussehen von Ivankas Freundinnen beurteilte, und dem es anscheinend sehr wichtig war, "dass Ivanka die hübscheste von allen ist“.

Entsetzt sei sie - wie auch viele andere aus dem ehemaligen Freundeskreis - darüber, dass sich Ivanka nie öffentlich gegen die besonders abstoßende Politik ihres Vaters ausgesprochen hat. Lange Zeit habe Ohrstrom gehofft, Ivanka würde von der Spur abweichen, die ihr Vater ihr gelegt hatte - aber privat ragten schon zuvor immer mehr „trumpianische Kanten" hervor. So hätte sie es ahnen müssen: „Sie hatte immer schon das Trump-Radar für Status, Geld und Macht und den Instinkt ihres Vaters, andere vor den Bus zu werfen, um sich selbst zu retten."

Solange man Geld hat

Ohrstrom schließt ihren Artikel mit einigen Gedanken darüber, wie Ivanka Trumps Zukunft aussehen könnte, nachdem ihr Vater sein Amt niederlegen werde. „Der Schaden, den die Trump-Familie angerichtet hat, ist unverzeihlich", schreibt sie. Sie gehe dennoch davon aus, dass Ivanka „eine sanfte Landung in Palm Beach" finden wird, wo „die bequeme weiße Vormachtstellung" selbstverständlich sei, „Schandtaten vergeben werden - solange man nur genug Geld hat". Es sei der perfekte Ort für sie, sich zurückzulehnen, geschützt vor den wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen der Politik, die sie mit ihrem Vater in den letzten vier Jahren verfolgt hat.

Lange habe sie gezögert, schreibt Ohrstrom, über ihre ehemalige beste Freundin zu schreiben. „Ich dachte, es würde keinen Unterschied machen, wenn ich über die Familie schreibe, weil die Öffentlichkeit längst an diese Frauenfeindlichkeit, den Elitismus und schlechten Charakter gewöhnt wäre." In Wirklichkeit hätte sie aber wohl Angst gehabt, „ich könnte Freunde verlieren und von allen Seiten als scheinheilige, privilegierte Elitistin aufgespießt werden, die aus ihrer Trump-Verbindung Kapital schlagen will."

Doch „der Ekel gegen die Trumps" überwiege die Angst. Ein paar Wochen, nachdem sie bei der Präsidentenwahl gegen den Vater ihrer ehemaligen Freundin gestimmt hatte, wurde ihr bewusst: „Ich schulde ihr nicht mein Schweigen“, es sei an der Zeit, dass sich eine der vielen Kritikerinnen aus Ivankas Kindheit melde und sie zur Rechenschaft ziehe. Schon allein deshalb, „um sicherzustellen, dass sie sich nie von der Entscheidung erholen wird, ihr Schicksal an das ihres Vaters gebunden zu haben."

>>> Zum Essay in der „Vanity Fair"

(bsch)

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