Coronakrise

Im Handel drohen durch den Lockdown rund 6000 Pleiten

APA/BARBARA GINDL
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Der Handelsverband geht von Umsatzverlust von bis zu 2,7 Milliarden Euro aus. Viele Einkäufe würden nicht nachgeholt, sondern fließen stattdessen in den Onlinehandel zu Amazon. Auch der österreichische Sportfachhandel schlägt Alarm.

Der Lockdown trifft die heimische Handelsbranche massiv. 17 geschlossene Einkaufstage würden bei den mehr als 22.000 Geschäften für einen Umsatzverlust von bis zu 2,7 Milliarden Euro sorgen, so der Handelsverband. Die Interessenvertretung sieht zumindest 6000 von ihnen akut gefährdet, in eine Insolvenz zu schlittern. Für Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will gleicht der zweite Lockdown einem "Amazon-Förderungsprogramm".

Nur ein Viertel der Käufe würde zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden, der Rest entfalle oder verlagere sich in den Onlinehandel - und dort vor allem in Richtung Amazon, so Will am Mittwoch laut einer Aussendung.

Der amerikanische Onlineriese ist in Österreich die erste Adresse, um online einzukaufen. Eine jüngste Erhebung des deutschen Statistikportals Statista und des deutschen EHI Retail Institute sieht Amazon in Österreich mit einem geschätzten 2019er-Umsatz von 834 Millionen Euro haushoch auf dem ersten Platz. Der Abstand zum zweitplatzierten Onlinehändler Zalando (347 Millionen Euro) ist riesig.

Wie andere Branchenvertreter appellierte auch Will an die Konsumenten, in heimischen Onlineshops einzukaufen.

Bis zu 40 Prozent der Sporthändler bedroht

Auch der österreichische Sportfachhandel schlägt Alarm. Grund ist das Coronavirus und der einhergehende Lockdown, der über die eigentliche Dauer hinaus negative Nachwirkungen haben werde. "Bis zu 40 Prozent der touristischen Sportfachhändler stehen vor dem Aus", warnen Unternehmen, die üblicherweise hart konkurrieren, angesichts der bevorstehenden Corona-Wintersaison gemeinsam gegenüber der APA. Derzeit gehen die Händler für den Winter von einem Minus von bis zu 45 Prozent aus.

Die bedrohten 40 Prozent würden einer Blitzumfrage des Verbands der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs (VSSÖ) den bevorstehenden Winter nicht überleben oder schon nach dem Lockdown gar nicht mehr aufsperren. "Das Winter- und Weihnachtsgeschäft macht bis zu 70 Prozent des Umsatzes der touristischen Sportfachhändler aus", erläutert VSSÖ-Präsident Gernot Kellermayr. "Davon wiederum werden 30 Prozent mit Ski-Verleih und Service verdient." Diese Umsätze würden nun komplett wegfallen und könnten nicht mehr aufgeholt werden - "genauso wie in der Gastronomie".

"Die Situation wird auch im Heimatmarkt in der Bevölkerung aufgrund von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit immer dramatischer", gibt Atomic-Chef und Skiindustriesprecher Wolfgang Mayrhofer zu bedenken. "Ausgaben für Sport und Freizeit werden sinken."

"Auch die für die Branche aktuell wirtschaftlich lebensnotwendigen Schulskikurse können aus heutiger Sicht nicht stattfinden", sagt Intersport-Geschäftsführer Thorsten Schmitz.

Branche braucht Winterumsatz

Unisono hieß es von den Branchenvertretern, dass die Lager voll seien. Die Nachholeffekte würden im Sportfachhandel aber niedriger ausfallen, als bisher erhofft bzw. kolportiert. "Service und Verleih sind nicht nachholbar", so Holger Schwarting, Chef von Sport2000. Und: "Jedes einzelne Produkt von der Skibrille über den Helm, und die Skier bis zur Rodel, die jetzt beim internationalen Online-Händler oder im Lebensmittel-Einzelhandel gekauft werden, sind für uns verloren", so Christoph Bründl von Bründl Sports.

In den kommenden vier Monaten gehe es für den heimischen Sportfachhandel und die Skiindustrie um alles. "Ohne das Winter-Umsatzvolumen ist unsere Branche nicht überlebensfähig."

Bis Ende September wurde österreichweit im Sportfachhandel ein Umsatzeinbruch von 11 Prozent verzeichnet. Das zeigt, dass die Umsatzausfälle aus dem ersten Lockdown bei weitem nicht aufgeholt wurden. Vor allem in touristischen Regionen waren die Umsatzausfälle viel höher und beliefen sich auf bis zu 70 Prozent, so der VSSÖ.

Der Lockdown wirke lange nach, weil weitere Faktoren entscheidend seien. Extrem viel hängt von offenen Grenzen ab - und natürlich von der Seilbahnwirtschaft und dem Tourismus an sich.

(APA)

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