Neue Konzepte

Supermärkte: Unten einkaufen, oben wohnen

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Angesichts hoher Grundstückskosten und strenger Vorgaben bemühen sich heimische Supermarktketten nun um mehr Multifunktionalität.

Bei der einen Tür hinaus, bei der anderen Tür hinein – einkaufen zu gehen, ohne das Auto oder öffentliche Verkehrsmittel nützen oder weit gehen zu müssen, ist definitiv bequem. Kein Wunder, dass Bauträger sich seit Jahrzehnten bemühen, das Erdgeschoß oder zumindest Teile desselben an Supermärkte zu vermieten. „Das ist eine Win-win-Situation für beide“, sagt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Doch in den letzten Jahren ist ein anderes Argument hinzugekommen: Im Zuge der Diskussionen um steigende Grundstückspreise, Mangel an leistbarem Wohnraum in den Ballungsräumen, Nachhaltigkeit und Bodenverschwendung sind eingeschoßige Supermärkte, umgeben von riesigen Parkplätzen, immer mehr in die Kritik geraten. „Monofunktionalität führt zu viel Mobilität“, weiß Jakob Dunkl vom Architekturbüro Querkraft.

Metropol-Konzepte

„Wir beschäftigen uns daher schon länger intensiv mit neuen Konzepten, die einerseits attraktive Geschäftsflächen ermöglichen, gleichzeitig aber auch sorgsam mit der Ressource Lebensraum umgehen“, heißt es dazu beispielsweise beim Diskonter Lidl. Mit den sogenannten Metropol-Konzepten werde Platz in urbanen Gebieten gespart und der Raum nach oben genutzt. So entstehen direkt über der Filiale beispielsweise Büros, Kindergärten oder Wohnungen.

Ein solches Konzept wird derzeit in der Zschokkegasse in Wien Donaustadt realisiert. Anstelle des ursprünglich geplanten eingeschoßigen Supermarkts inmitten eines Parkplatzes werden die Filiale und das angrenzende Parkdeck mit 65 Sozialwohnungen überbaut. Bereits im Vorjahr wurde ein Markt in der Laxenburger Straße eröffnet, über dem ein Kindergarten sowie Büros errichtet wurden. „Österreichweit haben wir schon mehr als zehn dieser Projekte umgesetzt, die meisten davon in Wien, aber auch in Salzburg oder Linz, weitere sind in Planung“, heißt es bei Lidl.

Auch für Dieter Wasserburger ist das Thema nichts Neues. „Die Überbauung ist im städtischen Bereich gelebte Praxis“, sagt der Leiter Konzern-Expansion/Immobilien bei Rewe. Mittlerweile sei der Trend in den ländlichen Gebieten angekommen. „Aber je kleiner die Gemeinde, desto schwieriger wird es“, sagt Wasserburger. Knackpunkt sei die Leistbarkeit der Wohnungen. „Der Grund ist oft günstig, aber die Baukosten bleiben und die Projekte sind klein.“ Daher würden sie sich oft nicht rechnen, „und der Lebensmittelmarkt muss querfinanzieren“.

»"Die Überbauung ist im städtischen Bereich gelebte Praxis."«

Dieter Wasserburger

Aber nicht nur im Bereich neuer Projekte gibt es Herausforderungen zu meistern, gleiches gilt für die Überbauung bestehender Märkte. Rewe hätte einige Filialen, bei denen diese angedacht ist. „Das Problem dabei ist, dass wir die Filiale während der Bauarbeiten, die meist eineinhalb bis zwei Jahre dauern, schließen müssen“, erzählt Wasserburger. Dabei verliere man nicht nur Umsatz und Ertrag, auch die Kunden würden sich verlaufen und seien nach der Wiedereröffnung nur schwer und mit hohem Marketingaufwand zurückzugewinnen. „Der Bauträger muss uns daher gewährleisten, dass unser Schaden gedeckt ist, was ihm wiederum die Rechnung des Projektes erschwert.“

Statik als Problem

Ein anderes Problem sei die Statik der Märkte. Um Geschoße aufsetzen zu können, müssten diese statisch ertüchtigt werden, sei es im Markt oder auf dem Parkplatz. Angesichts dessen und weil Nachhaltigkeit für das Unternehmen ein wichtiges Thema sei, werde gemeinsam mit Bauträgern an innovativen Konzepten gearbeitet, mit denen man beide Probleme lösen könne. „Eine Möglichkeit wäre eine Überplattung, auf der dann die Wohnungen, Büros oder andere Nutzungsarten errichtet werden.“ Damit könnte die Schließdauer reduziert werden. „Aber natürlich gibt es trotzdem rund 1,5 Jahre lang eine Beeinträchtigung“, ergänzt Wasserburger, der den Abbruch eines bestehenden Marktes und dessen Neubau im Zuge eines multifunktionalen Projektes als wirtschaftlich kaum machbar bezeichnet.

Und noch etwas dürfe man dabei nicht vergessen: nämlich die rechtlichen Fragen. „Gehört uns der Grund, ist die Frage, ob beispielsweise das Wohnbauprojekt im Baurecht errichtet wird. Das wollen Bauträger aber oft nicht. Dann muss geklärt werden, ob es sich um Miet- oder Eigentumswohnungen handelt.“ Würde man den Grund verkaufen, werde aus einer Eigentums- eine Mietfiliale, was sich wiederum negativ auf die Eigenkapitalquote des Unternehmens auswirken würde. „Aber wie gesagt, wir sind auf der Suche nach Lösungen, die von Bauträgern, Kunden und uns angenommen werden können“, betont der Rewe-Expansionschef.

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