Sachbuch

Überall Wahn! – im Kult um Wagner

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Er inspirierte nicht nur Hitler, sondern auch Kommunisten, Frauenrechtlerinnen, Zionisten und Schwule: „Die Welt nach Wagner“ von Alex Ross zeigt in befreiender Breite, welche Kräfte die Musikdramen des „heiligen Monstrums“ freisetzen.

Am Ende wollte er damit anfangen, Symphonien zu schreiben. Aber dazu kam es nicht mehr. 1883 starb Richard Wagner im venezianischen Palazzo Vendramin an einem Herzinfarkt. Im Zug, der seine Leiche nach Bayreuth führte, musste man drei Waggons für die Kränze anhängen. Gattin Cosima legte sich nach Abreise der Trauergäste selbst neben den Sarg. Gustav Mahler lief weinend durch die Straßen und rief „Der Meister ist tot!“ Der jüdische Pianist Joseph Rubinstein beging Selbstmord. Eine Gedenkfeier von Burschenschaften in den Wiener Sofiensälen, wo Hermann Bahr die Rede hielt, geriet zur antisemitischen Demonstration – worauf der Wagnerianer Theodor Herzl seine Verbindung verließ. Derweil saß der junge George Bernard Shaw in der British Library jeden Tag vor zwei Büchern: der Tristan-Partitur und dem „Kapital“ von Marx.

Was für ein Auftakt für einen posthumen Kult, der bis heute fortwirkt – und für das neue Buch von Alex Ross: „Die Welt nach Wagner“. Schon 2009 hatte der Musikkritiker beim „New Yorker“ mit dem viel gerühmten „The Rest is Noise“ einem breiten Publikum die Entwicklung der E-Musik im 20. Jahrhundert romanhaft packend nahegebracht. Nun hat er eine monumentale Kulturgeschichte der Wagner-Rezeption geschrieben, und es war für ihn „die größte intellektuelle Bereicherung meines Lebens“. Aber wie bereichernd ist die Lektüre?

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