Leitartikel

Die Lücken in Europas Kampf gegen den Terrorismus

Gedenken in der Wiener Innenstadt.
Gedenken in der Wiener Innenstadt. APA/HERBERT PFARRHOFER
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Nach den jüngsten islamistischen Morden stellen die Spitzen der Union fest, dass sie jahrelang sinnvolle und beschlussreife Maßnahmen vertrödelt haben.

Wir sind im Krieg: So sprach Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron, im März zu Beginn der Pandemie. Damit bezog er sich auf die enormen Anstrengungen und tiefen Einschränkungen, welche nicht nur die französische Gesellschaft über sich ergehen lassen muss, um Covid-19 zu überwinden. Doch angesichts der angespannten Lage, in welche uns die Seuche versetzt und wohl noch bis tief ins neue Jahr versetzen wird, rückt der Umstand in Vergessenheit, dass wir – sprich: die offenen, pluralistischen, säkularen Gesellschaften Europas – uns auch im wörtlichen Sinn im Krieg befinden. Der islamistische Terrorismus mag heute weniger verheerend wüten als 2015 und 2016 in Paris, Brüssel und Nizza. Die jüngsten und leider wohl nicht letzten jihadistischen Morde in Frankreich und in Wien belegen jedoch, dass dieser Krieg noch lange nicht gewonnen ist.

Wie jedesmal, wenn es kracht, erwacht bei den Politikern der aktionistische Instinkt. Farbe bekennen, Flagge zeigen, Entschlossenheit bekunden: So ein tödliches Problem gilt es vor allem in der Arena der öffentlichen Auseinandersetzung mit Ankündigungen und Versprechen zu bekämpfen. In der Tat ist einiges, was die Innenminister auf Geheiß ihrer Staats- und Regierungschefs in den vergangenen Wochen aufs Brüsseler Tapet gebracht haben, sehr sinnvoll. Zum Beispiel ist es höchste Zeit, dass Europol eigenständig Informationen über terroristische Gefährder aus Drittstaaten verarbeiten darf, statt „die Schleife über die Mitgliedstaaten zu nehmen, denn da geht wertvolle Zeit verloren“, wie es die mit diesen Dossiers betraute CDU-Europaabgeordnete Lena Düpont am Mittwoch im Gespräch mit Journalisten formulierte. Europol sollte auch aufgerüstet werden. Man darf mit Spannung darauf warten, ob jene EU-Chefs, die sonst beim Unionsbudget gerne knausern, hier spendabler sein werden.

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