Pizzicato

Nullsechs

Nullsechs, die Schmach von Sevilla, wird als Chiffre für Jogi Löws Ende als cooler Superagent des deutschen Fußballs in die Annalen eingehen.

Aus der Schlagzeile troff die Schadenfreude. „Sechs gegen die Deutschen“, titelte der „Guardian“ in London nach dem 0:6-Debakel Deutschlands im Match gegen Spanien, als könnten die Hüter der gepeinigten englischen Fußballseele es selbst nicht ganz glauben. Andere Gazetten zitierten den Titel der Rossini-Oper „Der Barbier von Sevilla“, um in Worte zu fassen, was sich da in einer andalusischen Nacht abgespielt hatte, als die „Furia Roja“ so leichtfüßig wie unerbittlich über das deutsche Team hinwegrollte.

Gerupft und zerzaust trotteten Toni Kroos & Co. vom Feld, und Jogi Löw – ganz in Schwarz bis auf die weißen Sneakers – setzte Leichenbittermiene auf. Keiner, der wie Toni Pfeffer anno 1999 zur Halbzeit in ähnlichen Umständen Galgenhumor bewiesen hätte: „Hoch werden ma es nimmer g'winnen.“ Wann hatte es das je gegeben, dass ein Tormanntitan wie Manuel Neuer den Ball in einem Länderspiel sechs Mal aus dem Netz klauben musste? Fast 90 Jahre lag das zurück, gegen das österreichische „Wunderteam“ in Berlin.

Ein kleiner Trost nur, dass in Coronazeiten – zumal in einer fragwürdigen Veranstaltung wie der Nations League – kaum Augenzeugen zugegen waren in Andalusien. Nullsechs, die Schmach von Sevilla, wird indes als Chiffre für Jogi Löws Ende als cooler Superagent des deutschen Fußballs in die Annalen eingehen.

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2020)

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