Die Kommission hat bereits Hunderte Millionen Euro an unrefundierbaren Vorschüssen auf Impfstoffe geleistet. Das ist heikel, wie das Fiasko um das Mittel Remdesivir zeigt.
Brüssel. Am 29. Juli wandte sich die EU-Gesundheitskommissarin, Stella Kyriakides, erfreut an die Öffentlichkeit. „In den vergangenen Wochen hat die Kommission unermüdlich mit Gilead daran gearbeitet, ein Abkommen zu schließen, um sicherzustellen, dass Vorrat für die erste genehmigte Therapie gegen Covid-19 an die EU geliefert wird.“ Remdesivir heißt das Zaubermittel, und Kyriakides rühmte den Umstand, dass der Vertrag mit dem US-Pharmakonzern Gilead nur einen Monat nach behördlicher Zulassung geschlossen werden konnte. Das ließ sich die Kommission auch etwas kosten: 63 Millionen Euro machte sie für genug Remdesivir-Dosen frei, um 30.000 Patienten zu behandeln.
Dreieinhalb Monate später steht Gilead vor einem Fiasko. Ein von der Weltgesundheitsorganisation WHO beauftragtes Expertengremium kam zu dem Schluss, dass Remdesivir weder die Sterblichkeit von Covid-Patienten noch die Dauer ihres Aufenthalts in stationärer Behandlung wesentlich verringert. „Vor allem angesichts der Kosten und Auswirkungen auf die Ressourcen“ müsse Gilead „den Nachweis der Wirksamkeit“ antreten. Das sei „auf Grundlage der gegenwärtig verfügbaren Daten nicht gegeben“, hielt das Gremium fest. Darum sei dringend davon abzuraten, Remdesivir an Spitalspatienten zu verabreichen. Die WHO strich das Mittel noch am Freitag von ihrer Liste der Arzneimittel, die für Entwicklungsländer als vorrangig zu beschaffen seien.