Die Behörden des ostasiatischen Landes setzen bei der Nachverfolgung Infizierter auf massive digitale Überwachung. Südkoreas Bevölkerung schätzt Bewegungsfreiheit deutlich mehr als Datenschutz. Ein Lockdown ist so erspart geblieben.
Der Grund für Südkoreas Erfolg bei der Coronapandemie hat viel mit Menschen wie Kwon Donghyok zu tun. „Unsere Hauptaufgabe besteht darin, die Verbindungsglieder zwischen den Infektionsfällen zu finden und ein Aufflammen des Virus zu verhindern“, sagt der Wissenschaftler, der bei der nationalen Seuchenpräventionsbehörde arbeitet. Kwon leitet ein Team von mehr als 100 epidemiologischen Ermittlern, die in wohl weltweit einmaliger Rasanz sämtliche Kontakte eines jeden Patienten nachverfolgen. Kopieren lässt sich ihr Tun jedoch nur beschränkt, denn in Südkorea können „Contact Tracer“ in Echtzeit auf eine gewaltige Datenmenge zugreifen.
Ende der Woche hat die Regierung in Seoul mit mahnenden Worten strengere Abstandsregeln für Restaurants, Bars und Kinos eingeführt. Denn die täglichen Infektionszahlen sind erneut auf über 300 gestiegen – ein kritischer Wert, der seit Ende August nicht mehr überschritten wurde. Verglichen mit dem Infektionsgeschehen in Europa sind dies jedoch geradezu paradiesische Zustände: Bis heute sind in Südkorea knapp 500 Menschen an dem Virus gestorben – trotz einer Bevölkerung von 50 Millionen, von denen die Hälfte in der extrem dicht besiedelten Metropolregion Seoul lebt.