Vinyl

Musik, wie sie gemastert wurde

Mit bekanntem, klarem Design und vielen neuen, auch ungewöhnlichen Farben gibt sich der Debut Carbon Evo auch optisch keine Blöße.
Mit bekanntem, klarem Design und vielen neuen, auch ungewöhnlichen Farben gibt sich der Debut Carbon Evo auch optisch keine Blöße.Pro-Ject
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Der heimische Plattenspieler-Produzent Pro-ject hat mit dem Debut Carbon Evo sein Erfolgsmodell weiterentwickelt und demonstriert, was in der Liga bis 500 Euro möglich ist.

Spätestens seitdem sie mit Carbon-Tonarm ausgestattet wurde, ist Pro-jects Debut-Serie das Missing Link zwischen gehobenem Einsteigerlevel und ersten audiophilen Ambitionen. Ein weiterer Schritt Richtung letztere ist der aktuelle Debut Carbon Evo für 500 Euro.

Zur üblichen Modellpflege kann die verbesserte Motorsteuerung gezählt werden. Zudem soll der massive Metall-Plattenteller dank eines Rings aus thermoplastischen Elastomeren (TPE) unempfindlicher für Vibrationen sein. Unerwünschte Vibrationen zu eliminieren, ist auch das Ziel einer weiteren Neuerung: Die Metall-Standfüße mit integrierten Dämpfern. Innovativ ist deren Zahl. Auf nur drei Füßen steht der Plattenspieler nicht nur immer sicher, es ist auch besonders einfach, ihn eben auszurichten. Auch sonst ist der Zusammenbau – Einlegen des richtigen Riemens sowie Montage von Gegen- und Antiskating-Gewicht – keine große Hexerei. Es liegen zwei Riemen bei: der flache für übliche, der runde wäre auf einer kleineren Rolle (und mit anderer Nadel) für 78er-Schellacks zuständig – ein Nischenangebot.

Bevor man loslegt, müssen noch Tonarm- und Antiskating-Gewicht montiert werden. Die korrekte Justierung ist etwas fummelig, zur Kontrolle empfiehlt sich eine Tonarmwaage. Die Pro-ject-übliche Lösung mit Antiskating-Gewicht am fast unsichtbaren Nylonfaden wirkt fragil, erfüllt aber ihren Zweck.

Zu guter Letzt wird das mitgelieferte Phono-Kabel, das deutlich wertiger ist als man von beigelegtem Zubehör gewohnt ist, mit dem Verstärker verbunden. Es muss ein Phono-Eingang sein, einen integrierten Vorverstärker hat der Debut Carbon Evo nicht. Der Tonabnehmer ist ab Werk montiert und justiert: Ein Ortofon 2M Red, eine solide und in der Preisklasse großzügige Wahl. Manche empfehlen ein Upgrade auf den 2M Blue – das kann man später immer noch nachholen. Solchermaßen vorbereitet kann die Hörsession beginnen. Der Aus-Ein-Schalter ist zu Gunsten der klaren Optik unter dem Board versteckt. Mit ihm wählt man auch die Geschwindigkeit. Die Zeiten, als für Singles ein Riemen umgelegt werden musste, sind auch bei Pro-ject vorbei.


Voll und unverfälscht. „Fehlerlos“, so lässt sich die Leistung des Debut Carbon Evo am besten beschreiben. Das wenig spektakuläre Attribut vermittelt aber kaum den Reiz, den die Wiedergabe auslöst, die in keiner Tonlage etwas vermissen lässt. Allenfalls mögen sich manche um den „speziellen Analogklang“ betrogen fühlen. Weder werden Verzierungen hinzugefügt, noch wird etwas weichgespült. Was sich in der Rille verbirgt, wird getreulich herausgearbeitet. Mit relativ hohem Pegel. Rumpeln oder Rauschen sind kaum existent. Wäre nicht das Vinyl-typische Knistern und Knacksen, das ebenfalls gnadenlos herausgearbeitet wird, man könnte die Wiedergabe schwer von einer Digitalen unterscheiden. Am meisten profitiert man vom oft lebendigeren und gefälligeren Mastering (der „Abmischung“) einer Schallplatte. Erwähnenswert noch der Umstand, dass der neue Debut in besonders vielen Farbvarianten verfügbar ist. Zusammen mit dem nicht spektakulären, aber klaren Design dürfte sich der Plattenspieler gut in jede Umgebung einfügen.

Wie schon seine Vorgänger spielt der Debut Evo deutlich über seiner Preisklasse. Zwar muss man auf „Luxus“ wie Endabschaltung oder gar Automatik verzichten, und es mag Modelle geben, die persönlichen Vorlieben noch näher kommen. „Objektiv besser“ dürfte aus klanglicher Sicht in dieser Liga aber kaum zu finden sein. ⫻

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2020)

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