Ski alpin

Petra Vlhová: Der Skistar aus der Niederen Tatra

Die kraftvollsten Schwünge, der größte Siegeswille: Petra Vlhová ist die Rennläuferin, die es in diesem Winter zu schlagen gilt.
Die kraftvollsten Schwünge, der größte Siegeswille: Petra Vlhová ist die Rennläuferin, die es in diesem Winter zu schlagen gilt. (c) GEPA pictures
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Zweites Rennen, zweites Rentier: Die Slowakin Petra Vlhová präsentiert sich schon in Levi in Hochform. Wer ist die Frau, die Mikaela Shiffrin an der Spitze der Slalomwelt abgelöst hat?

Levi/Wien. Petra Vlhová, 25, aus Liptovský Mikuláš in der mittleren Slowakei ist die aktuell beste Slalomläuferin der Welt. Rund 260 makellose Schwünge hat sie in den vergangenen zwei Tagen in den finnischen Schnee gezogen und damit das Levi-Double geholt: Zwei Slalom-Weltcupsiege in zwei Tagen. „Einen Sieg zu bestätigen ist natürlich noch schwieriger. Ich setze mich da sehr unter Druck“, meinte Vlhová nach ihrem zweiten Streich am Sonntag.

In Wahrheit aber ist die Slowakin keine Frau großer Worte, sie lässt vielmehr ihre Skier sprechen. Die 1,80 Meter große Athletin vereint solide Skitechnik mit enormer Kraft, sie meistert gefährlich spitze Kniewinkel und verfügt längst auch über jenes Feingefühl, das auf vergleichsweise flachen Hängen wie in Levi den Unterschied ausmacht. Vor allem aber ist es ihr unbändiger Siegeswille, mit dem sie Mikaela Shiffrin immer näher rückte und als amtierende Gesamtsiegerin im Slalom-Weltcup auch überholte. Wenn sie im Starthaus stehe, werde sie zur Tigerin, hat Vlhová einmal gesagt.

Simple Rezepte

Im slowakischen Skigebiet Jasná in der Niederen Tatra lernte sie Ski fahren, ihre Familie ordnete alles der Kariere der Tochter unter. Vater Igor betreibt eine kleine Firma in der Metallbranche, die Mittel des slowakischen Skiverbands waren begrenzt – eine harte Zeit, die Vlhovás Arbeitseinstellung bis heute prägt. „Ich habe das Glück, dass meine Eltern und mein Bruder ihre Träume für meine geopfert haben“, wurde sie in einem slowakischen Magazin zitiert.

In Jasná ging auch ihr Stern auf, hier wurde sie 2014 Juniorenweltmeisterin im Slalom. Bei der WM in Åre 2019 holte sie Gold im Riesentorlauf und Silber in der Kombination, es waren die ersten Einzelmedaillen überhaupt für den slowakischen Verband.

Inzwischen hat die 25-Jährige ein bewährtes Privatteam um sich, Vater Igor ist dabei, auch Bruder Boris. Der Erfolg ermöglicht Annehmlichkeiten wie einen Privatjet, der sie am Sonntag ohne Umwege aus Finnland zurück nach München brachte.

Chef im Team Vlhová ist der Italiener Livio Magoni, der schon die slowenische Gesamtweltcupsiegerin Tina Maze zum Erfolg coachte. Das Rezept des 57-Jährigen für seinen aktuellen Schützling klingt auf den ersten Blick simpel: Schwünge, Schwünge, Schwünge. Vlhová absolviert enorme Trainingsumfänge, als sie einmal gefragt wurde, wie sie sich denn auf den Zweikampf mit Shiffrin vorbereite, erklärte sie: „Ich habe einfach noch mehr trainiert.“

Magoni bezeichnet Vlhová als Vollblutathletin, er kenne sie fast nur im Ski- oder Trainingsgewand. Der Italiener setzt aber nicht nur auf Umfänge. Er lässt Vlhová der Koordination willen Schlagzeug spielen, sie planen gemeinsame Triathlons. Andere seiner Methoden sind nicht unumstritten. Im Vorwinter löste er den „Spionage-Skandal“ aus, als er ohne Weiteres zugab, die Trainingsläufe von Rivalin Shiffrin filmen zu lassen. Regel dagegen gibt es keine, Shiffrin sprach damals von ihrem geistigen Eigentum, viel fanden das lächerlich, Magoni jedenfalls blieb stur.

Das Duo Magoni/Vlhová hat seine Zusammenarbeit bis zu den Olympischen Spielen 2022 in Peking verlängert. Dem Italiener sollen auch Angebote aus der Schweiz und Deutschland vorgelegen haben. „Livio hat mir zu einer anderen Mentalität verholfen, ich bin viel selbstbewusster geworden“, sagt Vlhová.

In Levi fuhr die Slowakin nun ihre Weltcupsiege Nummer 15 und 16 ein, zu ihrem Rentier „Igor“ (benannt nach dem Vater) für ihren Sieg 2017 kamen nun zwei weitere Exemplare hinzu.

Doch das große Ziel der Technikspezialistin – ihr Vorbild ist Janica Kostelić – ist die große Kristallkugel. 2018/19 war sie schon Zweite hinter Shiffrin, nun ist sie es, die nach drei Rennen die Gesamtwertung anführt. „Ich verlasse Finnland mit viel Selbstvertrauen“, erklärte Vlhová noch in Levi.

Starker ÖSV

Katharina Liensberger landete in beiden Weltcupslaloms in Levi auf Platz drei. Am Sonntag führte die 23-Jährige ein starkes ÖSV-Resultat mit fünf Läuferinnen in den Top 15 an. „Ich habe im Steilhang gemerkt, dass etwas weitergeht. Das zeigt, dass die Richtung stimmt“, meinte die Vorarlbergerin.

Slalom Levi

1. Petra Vlhova (SVK) 1:49,05 Min.
2. Michelle Gisin (SUI) +0,31 Sek.
3. Katharina Liensberger (AUT) +0,50

Weiters: 4. Wendy Holdener (SUI) +0,79 5. Mikaela Shiffrin (USA) +0,93 6. Franziska Gritsch (AUT) +0,94 7. Katharina Truppe (AUT) +1,00 8. Irene Curtoni (ITA), Laurence St-Germain (CAN) +1,22 10. Martina Dubovská (CZE) +1,23 11. Chiara Mair (AUT) +1,41 14. Katharina Huber (AUT) +2,09 20. Bernadette Schild (AUT) +2,65.

Gesamtweltcup (nach drei Rennen): 1. Vlhová 260 2. Gisin 175 3. Shiffrin 125.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2020)

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