Quergeschrieben

Schule: Trainingslager für den Pisa-Weltcup?

Die Presse (Clemens Fabry)
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Statt neuen Lernstoff im digitalen Fernunterricht durchzupeitschen, könnte man Coronaferien verordnen. Und dafür das Schuljahr in den Sommer verlängern.

Tagelang wurde in seriösen Medien darüber debattiert, was die Personenmengenangabe „Einzelne“ in der aktuellen Covid-Verordnung wohl bedeuten könnte. Ein Blick in den „Duden“ hätte rasch Abhilfe geschaffen, der „Einzelne“ wird, im Gegensatz zu „mehrere“, mit „einige, wenige Personen“ erklärt. Nicht nur einzelne Covidioten, sondern viel zu viele Konsumtrotteln (m/w/*) schoppten sich in den letzten Tagen vor dem Lockdown durch Schuhgeschäfte und Möbelhäuser. Intensivstationen, juhu, wir kommen! Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass just einer der engsten Berater des Gesundheitsministers, Ages-ChefFranz Allerberger, Maskentragen als eher sinnlos und noch Ende Oktober einen zweiten Lockdown als nicht notwendig befand, weil Corona sowieso viel harmloser sei, als man noch vor zehn Monaten fürchtete. Ach so. Na dann. In Österreich infizieren sich derzeit täglich um die sechstausend Menschen mit Covid-19, ca. siebenhundert Coronatote gab's vergangene Woche. Vermutlich hat auch Allerberger in der Zwischenzeit seine Meinung adaptiert.

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Denn die Mehrheit der Wissenschaftler – Epidemiologen, Infektiologen, Virologen, Intensivmediziner, Simulationsexerten (m/w/*) – findet die Pandemie nämlich gar nicht harmlos. Weshalb die meisten für einen strengen Lockdown plädierten und u. a. vier Wittgenstein-Preisträger – ein Mathematiker, ein Informatiker, zwei Physiker – auch für die Schließung von Schulen und Kindergärten, weil internationalen Studien zufolge Kinder ebenso infektiös wie Erwachsene seien. Nun sind die Bildungseinrichtungen tatsächlich zu. Und die Opposition – aber nicht nur sie – warnt vor unaufholbaren Defiziten und verlorenen Schülergenerationen. Es stimmt: Vor allem Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern verlieren beim digitalen Heimunterricht den Anschluss, das weiß man aus den Erfahrungen des ersten Lockdowns. Weil natürlich niemand schuld sein möchte an einem Bildungsdesaster, laden der türkise Bildungs- und der grüne Gesundheitsminister mehr oder minder offensiv dazu ein, die Kinder bitte weiterhin in die Schulenzu bringen. Freilich könnte man die Schulschließungen gerade in düsteren Coronakrisenzeiten ein bisschen entspannter angehen und den jungen Leuten Ferien gönnen, anstatt sie mit Hausübungen einzudecken und mehr schlecht als recht neuen Lehrstoff im digitalen Fernunterricht durchzupeitschen.

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