Katholische Kirche

Eklat bei Bischofswahl in Schweizer Diözese Chur

Eine konservative Gruppe um einen Generalvikar lehnte den Dreiervorschlag aus dem Vatikan ab. Die Diözese, in die auch Zürich fällt, gilt seit Jahren als gespalten.

Das Domkapitel der zerstrittenen Schweizer Diözese Chur hat die Wahl eines neuen Bischofs aus einem von Rom vorgelegten Dreiervorschlag ("Terna") mehrheitlich abgelehnt. Die konservativen Mitglieder um Generalvikar Martin Grichting hätten die vom Vatikan vorgelegte Liste der Kandidaten als zu moderat abgelehnt, wie ein Insider dem Portal „Kath.ch“ der Agentur Kathpress zufolge berichtete. Domherren sprachen laut Schweizer Medien von einem unerhörten und einmaligen Vorgang.

Die Liste geht jetzt zurück nach Rom. Dort kann Papst Franziskus nun selbst den neuen Bischof ernennen. Die Diözese Chur ist seit vielen Jahren innerkirchlich gespalten. „Kath.ch“ berichtete über eine angeblich eisige Stimmung unter den 22 Domherren.

Wahl aus drei Kandidaten

Auf der Dreierliste des Papstes, so heißt es, standen der Churer Offizial Joseph Bonnemain (72), der Abt des Benediktinerklosters Disentis, Vigeli Monn (55), und der Tessiner Mauro Giuseppe Lepori (61), früher Abt von Hauterive und derzeit Generalabt der Zisterzienser in Rom. Die drei gelten als gemäßigte und nicht progressive Kandidaten. Generalvikar Grichting soll den Domherren vorgeschlagen haben, die Liste zurückzuweisen.

Den Regeln zur Bischofswahl in der Diözese Chur nach macht Rom einen Vorschlag mit drei Kandidaten. Daraus hätten die Domherren den künftigen Bischof wählen können. Weil das Domkapitel von diesem Privileg keinen Gebrauch gemacht hat, kann nun Papst Franziskus seinen Wunschkandidaten frei ernennen. Der Bischofssitz ist seit dem altersbedingten Amtsverzicht des konservativen Vitus Huonder (78) im Mai 2019 vakant. Übergangsbischof Peter Bürcher (74) leitet die Diözese, die ländliche Kantone wie Graubünden und Schwyz genauso umfasst wie den großstädtischen Kanton Zürich, als Interimsverwalter (Apostolischer Administrator, Anm.).

Jahrelanger Konflikt nach Entscheidung Johannes Pauls II.

Schon der Wahltermin am Vormittag sei für alle sehr überraschend gekommen. Offenbar wurde man in der Diözese selbst von den Ereignissen überrannt: Das Ordinariat wies auf der Website nicht auf das Ereignis hin. Auch fand sich nirgends ein (sonst üblicher) Gebetsaufruf für ein gutes Gelingen der Wahl.

Schon bei vergangenen Wahlen war in Chur vieles schiefgelaufen, das der Diözese und auch dem Vatikan später schmerzhaft auf die Füße fiel. 1988 - Bischof Johannes Vonderach war damals 72 Jahre alt - ernannte der damalige Papst, Johannes Paul II., den erst 40-jährigen Churer Diözesankanzler Wolfgang Haas zum Koadjutor (Helfer des Bischofs, Anm.) mit Nachfolgerecht. Das Wahlrecht des Domkapitels war damit umgangen - und ein jahrelanger Konflikt begann.

Haas wurde 1990 mit Vonderachs Pensionierung automatisch Bischof. Dagegen liefen die Katholiken Sturm, denn der vom Vatikan direkt Ernannte stieß durch konservative Haltung und Personalentscheidungen die an Mitbestimmung gewöhnte Herde vor den Kopf. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen versetzte Johannes Paul II. den heute 72-jährigen Haas im Dezember 1997 in die eigens neu geschaffene Erzdiözese Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Nach einem Jahrzehnt, in dem Haas' Nachfolger Amedee Grab viele der entstandenen Gräben zuschütten konnte, verlief die Wahl 2007 dann zumindest äußerlich so wie für die Diözese Chur vorgesehen.

(APA)

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