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Ein Flughafen, über den man trefflich lachen kann

Ende nie. Der Bau des neuen Berliner Flughafens ist eine abstruse Geschichte von Pleiten, Pannen und Kostenexplosionen.
Ende nie. Der Bau des neuen Berliner Flughafens ist eine abstruse Geschichte von Pleiten, Pannen und Kostenexplosionen.APA/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul
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Berlin hat kürzlich seinen BER eröffnet.

Kannst du dich noch an den Bau von BER erinnern?", wird man in Zukunft fragen. Antwort: "Klar, damals ging ich zur Schule, studierte und hab zwei Kinder großgezogen." Der Bauprozess des Großflughafens BER lieferte Berlinern über ein Jahrzehnt lang großartigste Unterhaltung. Die Rolltreppen waren zu kurz, die Gepäckausgabe war zu klein, die Rauchgasventilatoren waren kaputt, die Notstromversorgung war defekt, die Lichtanlage unbrauchbar, die IT-Anlage lief heiß, 90 Kilometer Kabel gerieten in einen Kabelsalat, vielfach herrschte Einsturzgefahr, es fehlte die Datenverbindung zur Feuerwehr, und alle 4000 Türen erhielten falsche Nummern. Dazu gesellte sich Missmanagement und Korruption. Der Hauptplaner besaß kein Ingenieursdiplom, sondern war Geselle, die Baufirma ging insolvent, Schmiergeldzahlungen  großen Stils wurden  publik, Rechnungen in der Höhe von 400 Millionen Euro  blieben unbezahlt, wichtige Unterlagen lagen im Müll. Natürlich verstieß auch die geplante Flugroute gegen EU-Recht. Neun Jahre lang scheiterte jegliches Eröffnungsdatum. Den Berliner  Pfuschern verdankte ein ganzes Genre sein Leben: Der BER-Witz.

Wer einen Lego-Flughafen für Drei jährige auf die Größe von BER aufrechne, schrieb jemand, werde schon noch kapieren, wie kostengünstig Letzterer sei. Oder es hieß: Die Eröffnung werde rechtzeitig zum Gewinn der Fußballweltmeisterschaft durch Österreich stattfinden. Ein Twitter-User zog einen geschichtlichen Vergleich: "Niemand hat die Absicht, einen Flughafen zu errichten. (Angela Merkel.)" Man hörte von Menschen, die im Fasching als BER gehen wollten: "Dann bin ich am nächsten Tag nicht so fertig." Als bei einem Orkan ein Stück des Flughafendachs weggerissen wurde, freuten sich viele, dass auf BER "wenigstens endlich was abhebt". Und die Satirezeitschrift "Der Postillon" verkündete die Erfindung einer neuen Zeitform, um über die Zukunft des Pannen-Airports sprechen zu können das Futur drei. Dieser Tage herrscht in der deutschen Hauptstadt Trauer - seit 8. November ist das Antiprestigeprojekt BER in vollem Betrieb.

("Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 13. 11. 2020)

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