"Monster": Bosniens Serben und Kroaten attackieren Bosnien-Beauftragten vor UNO

Die Presse/Clemens Fabry
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Der Österreicher Valentin Inzko sei „ein Monster, das die Serben hasst“. Der Serbenführer Milorad Dodik droht mit einem Anschluss der Republika Srpska an Serbien.

Spitzenvertreter der bosnischen Serben und Kroaten haben eine UNO-Sicherheitsratssitzung zu Frontalangriffen auf den Bosnien-Beauftragten, Valentin Inzko, genützt. Dieser sei "ein Monster, das die Serben hasst", sagte der Serbenführer Milorad Dodik nach Angaben der Nachrichtenagentur Hina. Kroatenführer Dragan Covic warf Inzko in der Sitzung am Montag vor, die Lage im Balkanland "unvollständig" darzustellen. Unterstützung bekam Inzko von westlichen Ratsmitgliedern.

Die Onlinesitzung war vom russischen UNO-Botschafter, Wassili Nebenzia, anlässlich des 25. Jahrestags des Dayton-Friedensabkommens für Bosnien-Herzegowina angesetzt worden. Bosniaken-Führer Bakir Izetbegovic nahm die Einladung nicht an und argumentierte, dass nicht die Parteiführer teilnehmen sollten, sondern die Mitglieder des bosnischen Staatspräsidiums. Dem Gremium gehören der Serbe Dodik, der Kroate Zeljko Komsic und der Bosniake Sefik Dzaferovic an.

Inzko: „Kriegsverbrecher werden immer noch verherrlicht“ 

Dodik ist zugleich Chef des in der Republika Srpska regierenden Bundes der Unabhängigen Sozialdemokraten (SNSD), Covic ist Vorsitzender des bosnischen Ablegers der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ). Die drei Parteien dominieren seit drei Jahrzehnten das politische Geschehen ihrer jeweiligen Ethnien, haben jüngst aber bei Kommunalwahlen Rückschläge hinnehmen müssen. So verlor Dodiks SNSD den Bürgermeisterposten in der Regionalhauptstadt Banja Luka.

Nebenzia pochte in der Debatte darauf, dass der Dayton-Vertrag in seiner bestehenden Form bewahrt werden müsse, was Beobachter als Verteidigung der damals vereinbarten weitreichenden Autonomierechte unter anderem für die bosnischen Serben werteten. Inzko konterte, dass Dayton "in seiner Gesamtheit" betrachtet werden müsste, und dazu gehöre auch die Wahrung der territorialen Integrität Bosnien-Herzegowinas. Die bosnische Serbenrepublik verfolge eine diesem Ziel entgegengesetzte Politik "und verherrlicht immer noch Kriegsverbrecher wie Radovan Karadzic", kritisierte Inzko.

Unterstützung für Inzko aus dem Westen

"Stoppt dieses Monster, das uns Entscheidungen aufzwingen will, die nicht im Dayton-Vertrag vorgesehen waren", sagte Dodik mit Blick auf den seit 2009 amtierenden Bosnien-Beauftragten. Inzko wolle "Rache üben an den Serben und Kroatien in Bosnien-Herzegowina". Sollte sich Inzko weiterhin so verhalten, werde die Republika Srpska "damit beginnen, eine Integration mit dem Mutterland Serbien zu erwägen", bekräftigte er seine umstrittene sezessionistische Politik.

Der stellvertretende UNO-Botschafter Deutschlands, Günter Sautter, kritisierte den mangelnden Dialog bei der Sitzung. Man habe stattdessen "nur Monologe voller persönlicher Attacken auf Inzko" gehört. Sautter stellte sich hinter den Kärntner Diplomaten und dankte ihm für seine Arbeit. "Wir unterstützen Sie und ihr Büro weiterhin", betonte er. Ähnlich äußerten sich auch die Vertreter der Vetomächte USA, Frankreich und Großbritannien. Der US-Vizebotschafter Richard Mills betonte, dass Washington "stark" für ein Weiterbestehen des Büros des Bosnien-Beauftragten eintrete. "Bosnien-Herzegowina braucht Inzko, damit der Frieden gewahrt wird und wesentliche Entscheidungen getroffen werden", sagte Mills.

Inzko hatte am Wochenende in einem Interview mit der Austria Presse Agentur eine Rückkehr zur konkreten internationalen Vorgaben für das im Reformstau steckende Balkanland gefordert. Nach der "weniger glorreichen Phase der lokalen Lösungen" brauche es nun eine, "die wieder präskriptiv, robust und mit konkreten Fristen versehen sein sollte", sagte er. "Dann sollten wir uns, nach getaner Arbeit, wie bei uns die Alliierten Kräfte im Jahr 1955, zurückziehen."

Mit dem in den 25 Jahren seit Dayton erreichten sei er "nicht wirklich und nicht ganz zufrieden", so Inzko. Die erste Phase nach dem Krieg sei "ungemein erfolgreich" gewesen, verwies er auf den Staatsaufbau durch starke Entscheidungen seiner Vorgänger. "Der Fehler war aber, dass wir zu früh und zu abrupt auf lokale Verantwortung umgeschaltet haben und damit unheilvolle Entwicklungen ermöglicht haben", sagte Inzko in Anspielung auf den bosnischen Serbenführer Dodik, der die Institutionen des Zentralstaates beständig herausfordert. In dieser Phase, die in den Jahren 2006 und 2007 begonnen habe, "gab es nicht nur wenig Fortschritte, sondern sogar Rückschritte", kritisierte Inzko.

(APA)

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