Ibiza-Ausschuss

Drozda über Video-Angebot: "Ich fand das alles seltsam"

IBIZA-U-AUSSCHUSS: UeBERSICHT CAMINEUM
IBIZA-U-AUSSCHUSS: UeBERSICHT CAMINEUMAPA/HELMUT FOHRINGER
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Der U-Ausschuss tagte erstmals im strengen Lockdown. Thomas Drozda (SPÖ) erzählte davon, wie ihm das Video angeboten wurde. Auch ÖVP-Spenden waren Thema.

Nicht alle Abgeordneten waren am Mittwoch damit zufrieden, wie der Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Causa tagen sollte: Es war immerhin der erste Befragungstag in einem kompletten Lockdown. Die FPÖ hatte sich eigentlich für eine Pause für den Ausschuss ausgesprochen – die Auskunftspersonen könnten ihre Ladung ablehnen, um sich nicht mit Corona anzustecken. Kathrin Glock, Ehefrau des Waffen-Produzenten Gaston Glock, wäre als Auskunftspersonen für Donnerstag vorgesehen. Sie sagte (erneut) aus gesundheitlichen Gründen ab. Ihre Befragung zu ihrem Verhältnis zur FPÖ würde sie aber via Video zustimmen.

Der U-Ausschuss tagt aber nach wie vor ausschließlich persönlich, jetzt allerdings nicht mehr im Lokal 7 der Hofburg – sondern im größeren Veranstaltungssaal „Camineum“ bei der Nationalbibliothek. Am späten Nachmittag stand die Befragung von Ex-Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) auf dem Programm. Vor einigen Wochen sagte er zur Staatsanwaltschaft, dass ihm das Ibiza-Video 2017 angeboten wurde – um sechs Millionen Euro. Drozda lehnte das Angebot schriftlich ab, die „Presse“ berichtete.

Nun erzählte er weitere Details zu dem Angebot – und zwar vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss. Drozda wurde kurz vor 18 Uhr als Auskunftsperson geladen. Es war übrigens der erste Befragungstag im strengen Lockdown. Die Abgeordneten zogen dafür vom Lokal 7 der Hofburg in das größere Camineum bei der Nationalbibliothek um.

Aber zurück zu Drozda. Er war, wie so gut wie jede Auskunftsperson, mit einer Vertrauensperson erschienen: Anwalt Alfred Noll, früher auch Abgeordneter der Liste Pilz. Den Abgeordneten schilderte Drozda, wie ihm das Ibiza-Video angeboten wurde. Der frühere SPÖ-Stiftungsrat Nikolaus Pelinka hatte 2018 zwischen der Parteispitze und dem Anwalt M. vermittelt. Pelinka habe dem damaligen SPÖ-Chef Christian Kern erzählt, er kenne jemanden, der belastendes Material über die damaligen FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus habe. Kern beauftragte Drozda, sich die Sache anzusehen – er traf sich mit Anwalt M. Drozda unterschrieb eine Vertraulichkeitserklärung. M. erzählte ihm vom belastenden Material, auch zu Straches Spesen. Filmaufnahmen gab es laut Drozda nicht zu sehen, aber ein Foto mit einer Tasche voller Bargeld. „Ich fand das alles seltsam und halbseiden.“

Später traf sich SPÖ-Anwalt Michael Pilz noch einmal mit M., sagt Drozda. Er bekam auch kurze Sequenzen des Ibiza-Abends zu sehen und den Preis zu hören: Sechs Millionen Euro. Nach Rücksprache mit der Parteispitze teilte Pilz im Mai 2018 M. schriftlich mit: Man sei nicht interessiert, das Material könnte „strafrechtlich relevante Sachverhalte“ beinhalten. Die Informationen sollte man also der Staatsanwaltschaft übermitteln. Dann hörte Drozda erst wieder von dem Video, als es veröffentlicht wurde.

Sebastian Kurz als Gastredner nach Hause geladen

Zuvor war Teresa Pagitz geladen – Managerin, Touristikerin, Juristin und Beteiligte an mehreren Unternehmen. 2018 wurde sie auch ÖBB-Aufsichtsrätin. Das habe, wie sie betonte, aber nichts mit ihren Spenden an die ÖVP zu tun. Pagitz spendete in den Wahljahren 2017 und 2019 jeweils 15.000 Euro. Sie habe sich von den Spenden „nie Vorteile erwartet“.

Einmal, im Jänner 2017, habe sie bei sich zuhause ein Treffen mit Freunden organisiert und Sebastian Kurz als Gastredner zu sich eingeladen. Er sei auch gekommen. Pagitz wehrte sich allerdings dagegen, die Namen anderer Gäste zu nennen. Das sei ihre Privatsache, meinte sie.

Die Fraktionen im Untersuchungsausschuss brachten am Mittwoch auch sogenannte „Ladungsverlangen“ für künftige Auskunftspersonen ein. SPÖ und Neos (die beiden Parteien haben den U-Ausschuss initiiert) wollen den ehemaligen Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner befragen wollen. Laut SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer wisse Mitterlehner „aus nächster Nähe, wie das System Kurz funktioniert“.

Die Neos wollen außerdem beantragen, dass Glock unter Androhung einer behördlichen Vorführung erneut geladen wird. Neos-Abgeordneter Helmut Brandstätter schlägt vor, sie in einem Nebenraum per Videoschaltung zu befragen.

ÖVP will Kern laden

Auch die ÖVP will eine neue Auskunftsperson im U-Ausschuss sehen: Ex-Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern. ÖVP-Fraktionschef Wolfgang Gerstl will Kerns Rolle rund um das Ibiza-Video beleuchten. Immerhin habe sich Drozda auf dessen Auftrag hin mit dem Wiener Anwalt getroffen, der als mutmaßlicher Drahtzieher des Videos gilt.

(APA/red. "Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2020)

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