Säugetiere verwenden sie als Kraftnahrung für ihre Jungen. Als solche hat sie den Dotter abgelöst.
Die weißliche Emulsion namens Milch macht zwar nicht den Menschen aus, aber das Säugetier: Sie hat in der Evolution der Mammalia (das Wort kommt von den milchspendenden Zitzen resp. Brüsten) den Dotter abgelöst: als Kraftnahrung für die Jungen, die nach der Geburt konsumiert wird, während der Dotter vor dem Schlüpfen verbraucht wird. So können die Kinder unausgereifter zur Welt kommen – und mehr lernen.
Entstanden ist die Milch vermutlich aus einer Flüssigkeit, mit der die Ahnen der Säugetiere die Eier benetzten. Bei den primitivsten Säugetieren, den Schnabeltieren, kommt sie noch nicht aus Zitzen, sondern aus einem „Milchfleck“, an dem das Junge leckt.
Nahrhaft in der Milch sind Fette, Proteine und Kohlenhydrate. Das wichtigste Kohlenhydrat in der Milch ist die Laktose (Milchzucker), zu dessen Spaltung in Glukose und Galaktose man das Enzym Laktase braucht. Die Milchproteine teilen sich in Molkenproteine (die bei der Käseerzeugung in der Molke bleiben) und Kaseine. Die Gene zu deren Produktion sind vor 300 bis 200Millionen Jahren entstanden, erst durch sie war es den Vorfahren aller heutigen Säugetiere möglich, die Dotterproduktion zurückzufahren und auf Lebendgebären umzustellen. Zu den Molkenproteinen gehört das Laktalbumin: Wenn es beim Kochen denaturiert, bildet sich die Milchhaut. Milch enthält auch Immunoproteine, so partizipiert ein Säugling durch das Stillen am Immunsystem der Mutter.
Vor circa 9000Jahren begannen die ersten Menschen, die Milch anderer Säugetiere zu trinken (siehe oben). Heute steht „Milch“ primär für Kuhmilch, in der EU darf nur diese so bezeichnet werden, bei Milch anderer Tiere (Ziegen, Schafe, Kamele etc.) muss die Tierart angegeben werden. tk
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2010)